6000 Bäume müssen gefällt werden Im Siebengebirge wird nach der Käferplage aufgeräumt

Siebengebirge · Mit schwerem Gerät fällen seit rund einer Woche die Mitarbeiter eines beauftragten Forstbetriebes im Wald des Siebengebirges geschädigte Bäume. Durch starken Käferbefall sind vor allem Fichten betroffen. An die 6000 Bäume müssen daher insgesamt gefällt werden.

Der mächtige Harvester steht schräg in einem Hang unterhalb des Gipfels am Oelberg. Lukas Uelhoff bewegt den Vollernter, wie die Maschinen auch genannt werden, vorsichtig vor und zurück. Ketten sichern die Reifen zusätzlich vor dem Abrutschen. Der lange Kranarm mit dem Fällkopf an seinem Ende greift eine Fichte nach der anderen, fällt die hohen Bäume in kürzester Zeit, entfernt noch Zweige und Äste, um die Stämme schließlich zur Seite zu legen.

Seit rund einer Woche ist Uelhoff, dessen Forstbetrieb seinen Sitz im Sauerland hat, im Auftrag von Marc Redemann, Förster beim Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS), zur Holzernte unterwegs. „Gefällt werden vor allem Fichten“, sagt Redemann. „Und zwar die, bei denen es notwendig ist.“ Kalamitätshieb heißt das in der Fachsprache: „Das bedeutet, es gab ein Schadenereignis, nach dem Bäume gefällt werden müssen.“

Der Schadenverursacher heißt auch Buchdrucker und Kupferstecher, ist klein und unscheinbar, hat jedoch in den vergangenen Monaten nicht nur im Siebengebirge arg gewütet. „Nach dem heißen und trockenen Sommer 2018 ist die Borkenkäferpopulation geradezu explodiert und zu einer Bedrohung für den Fichtenbestand geworden“, sagt Redemann. Etwa 20 Prozent des Baumbestands im Besitz des VVS seien Fichten. 2000 Kubikmeter müssten in den kommenden Tagen gefällt werden, das sind rund 6000 Bäume.

Spechtabschläge, Harzfluss, Braunfärbung

Der Förster zeigt auf einige Stämme, die Uelhoff noch nicht mit dem Greifarm des Harvesters gepackt hat. Die zeigen Merkmale des Befalls, die dem Fachmann gleich ins Auge fallen: „Zunächst sind da Spechtabschläge, es folgen Harzfluss und Braunfärbung. Dann verliert der Baum seine Nadeln, die Äste hängen herab, die Krone wird schütter.“ Die Schädlinge bohren zur Paarung und Eiablage zuerst ein Loch in die Baumrinde. Die Larven ernähren sich von den saftführenden Schichten des Baumes und hinterlassen bis zur Verpuppung ein verzweigtes Gangsystem. „Ein ganz typisches Fraßbild“, wie Redemann es nennt.

Die Sturmschäden vom Januar 2018 in Kombination mit Hitze und Dürre schufen die perfekten Voraussetzungen für das Ausbreiten des Käfers. „Und es steht zu befürchten, dass die Wetterextreme zunehmen.“ Gut sei, dass derzeit trockene Witterung herrsche, entsprechend die Wege durch die Waldarbeiten nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Die rund 2000 Kubikmeter, die nun dem Wald entnommen werden, seien ein eher „normaler Jahreseinschlag“, wie Redemann sagt. „Es sind die Fichten, die vom Borkenkäfer befallen sind, dazu ein gewisser Sicherheitspuffer. Und es werden die Bäume gefällt, bei denen die Verkehrssicherheit gefährdet ist.“

Unweit der Rosenau haben Uelhoff und sein Harvester ihre Arbeit bereits beendet. Auf rund 6000 Quadratmetern ist eine große Freifläche entstanden, die Fichtenstämme liegen noch auf dem Boden. In den kommenden Tagen wird sie ein Rückezug am Wegesrand stapeln, bevor das Holz zur Weiterverarbeitung abgeholt wird. Voraussichtlich Mitte März sollen alle Arbeiten im VVS-Wald beendet sein. Der größte Teil des Holzes geht an Sägewerke.

Holzpreis ist stark gefallen

Aufgrund des großen Angebots ist der Preis für Fichtenholz in den vergangenen zwei Jahren stark gefallen, sagt der Förster. „Damals kostete der Kubikmeter 95, heute vielleicht noch 60 Euro.“ Diese Zahlen nennt er auch jenen entgegen, die kritisieren, man fälle aus wirtschaftlichen Gründen mehr Holz als erforderlich. „Bei den niedrigen Preisen täten wir uns keinen Gefallen.“ Aber auch aus naturschutzfachlicher Sicht gebe es Argumente für das Abholzen der Fichten. Naturschutz, Waldschutz und die Verkehrssicherheit an den stark frequentierten Wegen hätten Priorität.

„In meinem Zuständigkeitsgebiet liegt auch das Wildnisgebiet“, erklärt Redemann. Rund 850 Hektar groß ist sein Revier, davon entfallen auf das Wildnisgebiet 523 Hektar (siehe Infokasten). In der Wildnisentschädigungsvereinbarung zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem VVS sei geregelt, dass bis 2030 die Fichten entnommen werden. „Denn die Fichte ist standortfremd“, sagt der Förster. „Und wird nicht zuletzt auch in der Holzwirtschaft gebraucht. Man kann darüber streiten. Aber jeder sollte auch darüber nachdenken, woher die Holzmöbel kommen, die wir kaufen.“

Die Freifläche im Wildnisgebiet nahe der Rosenau wird künftig der Natur überlassen. „Wir lassen da die Hände weg“, sagt Redemann. In zwei bis drei Jahren werde sich zunächst eine Krautvegetation bilden, in zehn Jahren könnten dann Buchen, Weiden, Birken und sicher auch die eine oder andere Fichte nachwachsen. „Es wird eine ökologische Aufwertung geben“, ist der Förster sicher.

Wildnisgebiet

Der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) hat 2009 als erster privater Waldbesitzer in Deutschland eine Anregung des Europäischen Parlaments aufgegriffen, Wildnisgebiete zugunsten der Steigerung der Biodiversität und Artenvielfalt auszuweisen.

2010 errichtete der VVS mit Hilfe des Landes Nordrhein-Westfalen auf 523 Hektar ein Wildnisgebiet: Rund um den Oelberg und den Drachenfels wird auf Waldnutzung verzichtet, die Flächen bleiben der natürlichen Entwicklung überlassen. So sollen Unterschiede zwischen naturbelassenem Wald und Wirtschaftswald erlebbar gemacht werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort