Kanalisation in Bad Honnef Häuser waren mehrfach von großen Wasserschäden betroffen

Bad Honnef · Irgendwie sei es "Ironie des Schicksals", sagt Jürgen Bell: "Ausgerechnet jetzt schickt die Stadt den neuen Niederschlagswasserbescheid." Nicht nur mit Niederschlagswasser haben Bell, Anwohner seit den 50er Jahren, und seine Nachbarn Am Spitzenbach böse Erfahrungen gemacht.

 Wollen vom Abwasserwerk wissen, warum es erst in jüngerer Zeit immer wieder zu Wasserschäden an ihren Häusern kommt: Die Anwohner (von links) Nicola Schuhmacher, Axel Hellmich, André Ferrier, Thomas Schallon und Jürgen Bell.

Wollen vom Abwasserwerk wissen, warum es erst in jüngerer Zeit immer wieder zu Wasserschäden an ihren Häusern kommt: Die Anwohner (von links) Nicola Schuhmacher, Axel Hellmich, André Ferrier, Thomas Schallon und Jürgen Bell.

Foto: Frank Homann

Drei Mal liefen Keller und Wohnräume voll, und das bei weitem nicht nur bei dem Unwetter am 20. Juni. Wo Jahrzehnte selbst bei Unwettern nichts passiert sei, haben Wassermassen schon im Dezember und im Mai große Schäden verursacht. Das Abwasserwerk aber argumentiere nur: Die Hausanschlüsse seien schuld. Und damit die Anlieger selbst.

Ihren Humor haben letztere nicht verloren, wie die Äußerung Bells beweist. Ihre Geduld schon. Und das Vertrauen, dass sie als Bürger und Gebühren- und Steuerzahler ernst genommen werden. So Eva Schallon. Ihr Haus hat es arg getroffen. Seit Anfang der 60er Jahre lebt sie dort.

Aber erst seit Mai hat sie "vor jedem Regen Angst". Da waren alle Elektrogeräte im Keller hin. Alles wurde neu gekauft, dann kam der 20. Juni - wieder Totalschaden, auch an der Heizung, sagt Thomas Schallon. Eva Schallon: "Als ich wegen des Sonderfonds bei der Stadt fragte, hieß es nur: Haben sie eine Rückstauklappe? Habe ich nicht. Da hieß es: Selbst schuld, sie haben keine Chance."

Drei Blitze in der Nacht, dann stehen auch Britta und Axel Hellmich neben dem Bett. Das Wasser, das drei Mal den Keller flutete, sei nicht einmal das Schlimmste. Das seien die Fäkalien: "Den Gestank kriegt man nicht raus." Hellmich reißt jetzt im Keller alles raus. "Dann bleibt es so." Für den nächsten Fall der Fälle.

[kein Linktext vorhanden]Dem vorbauen will auch Nicola Schuhmacher. Vor zwei Jahren wurde der Neubau der Familie fertig, alles ist auf modernstem Stand. Geholfen hat es nicht. Trotz Rückstauvorrichtung liefen 100 Quadratmeter voll. Konsequenz: Schaden in fünfstelliger Höhe. Und Wut. "Wir kriegen nur zu hören, die Häuser sind schuld."

Die Indizienlage sei eine andere: Ein Video zeige, wie schon im Mai das Wasser aus den Regenabflüssen schoss. Auch André Ferrier hatte seine Kanalisation eben erst neu machen lassen. Das Wasser aber - stand auch bei ihm. Auch die Tatsache, dass der unterhalb der Alexander-von-Humboldt-Straße gelegene Teil der Straße verschont geblieben sei, lege die Vermutung nahe: Irgendwo da, wo noch ein Bauzaun steht, geht es nicht weiter im Kanal.

Das Wasser werde, so scheine es, zurückgedrückt und suche sich den Weg dort, wo es 40, 50 Jahre nicht hinmusste. Was laut Hellmich ein Experte bestätigte: "Der sagte: Vielleicht haben die eine Blase gesetzt und vergessen, sie aufzumachen." Erklärung des Abwasserwerkes, so Britta Hellmich genervt: "Eine tote Ratte verstopft alles."

Die Anwohner befürchten, dass alles mit dem Kanalbau Alexander-von-Humboldt-Straße, der laut Stadt im September komplett fertig sein soll, in Verbindung steht. Als wäre das nicht so schon Anlass für Ärger: Nur die "direkten" Anwohner seien persönlich informiert, Schäden begutachtet worden.

Dabei "liegen die Häuser nebeneinander. Die Erschütterungen sind dieselben", so Axel Hellmich. Die Folge: Setzrisse. Hellmich: "Kanalbau ist eine Notwendigkeit. Schäden werden sogar einkalkuliert. Aber dann muss die Stadt auch dafür geradestehen." Das Abwasserwerk: Die Grenzwerte seien beim Bau nicht überschritten worden.

"Sollte es dennoch, zudem in einiger Entfernung zur Baustelle, zu Schäden gekommen sein, so ist dies der vorhandenen schlechten Bausubstanz geschuldet." Das könne "nicht der Allgemeinheit aufgebürdet werden". Wo der Bau schuld war, seien Schäden auf Kosten des Verursachers behoben worden. Bell bleibt dabei: "Irgendetwas mit diesem Kanal stimmt nicht. Ich verlange, von wem auch immer, Aussage darüber, was da los ist."

Stadt: Kanäle sind ausreichend

Für Rückstauvorrichtungen sind Hauseigentümer verantwortlich: "Fast gebetsmühlenartig" sei dies den Anliegern Am Spitzenbach erörtert worden. Das teilte Martin Leischner vom Abwasserwerk auf GA-Anfrage mit. Einen Zusammenhang zwischen der Kanalerneuerung Alexander-von-Humboldt-Straße und den Überflutungen sieht Leischner nicht.

Starkregen seien schuld, und die träten immer häufiger auf. Leischner: "Grundsätzlich bleibt es dabei, dass alle Kanäle und Schächte im öffentlichen Raum bis zur Straßenoberkante voll sein können. Für den Fall hat sich jeder Grundstückeigentümer gegen Rückstau aus dem Kanal zu schützen." Leischner verweist dazu auf Paragraf 13 der Entwässerungssatzung, der genau das vorsieht.

Zum Kanalbau teilte Leischner mit, der Kanal Alexander-von-Humboldt-Straße sei bisher an den Kanal Am Spitzenbach angeschlossen gewesen. Inzwischen - der Umschluss sei schon erfolgt - laufe das Abwasser in anderer Richtung in den neuen Stauraumkanal; anstelle eines Zu- gebe es nun also einen Abfluss aus dem Kanal Am Spitzenbach.

Das Abschlagen von stark verdünntem Abwasser in den Spitzenbach, wie derzeit noch möglich, solle rechtlichen Vorgaben gemäß nicht mehr so häufig und auch an anderer Stelle erfolgen. "Dafür ist der Stauraumkanal konzipiert und gebaut worden." Die Maßnahme diene "natürlich nicht der Aufnahme der vor Ort entstehenden Anlieger-Abwässer".

Allen Kanälen lägen Richtlinien zugrunde, die auch von vorgesetzten Behörden kontrolliert würden. Die Kanäle seien für "Bemessungsregen ausreichend dimensioniert. Leider hält sich der liebe Gott nicht an die Bemessungsgrundlagen und schickt uns halt auch schon mal extreme Starkregen." Bau und Unterhalt eines Kanalnetzes "für solche Regenwassermengen wären, wenn aus Platzgründen überhaupt realisierbar, nicht zu finanzieren".

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