Integrationsprojekt Geschichten von Flucht und Vertreibung in Bad Honnef

BAD HONNEF · Illustrator Mehrdad Zaeri und seine Begleiter Enno Kalisch und Friedwart Goebels zeigten ihr „Knopfkino“ im Siebengebirgsmuseum in Bad Honnef.

„Malt etwas. Denkt nicht darüber nach. Fangt einfach an. Dann kommt die Idee – und plötzlich wird eine Geschichte daraus. Habt keine Angst vor Versagen.“ Der bekannte Buchillustrator Mehrdad Zaeri gastierte mit seinem „Knopfkino“-Team im Siebengebirgsgymnasium und machte den Schülern Mut einfach loszulegen. „Wenn Ihr malen wollt, denkt nicht, jetzt muss ich ganz toll sein.“ Und: „Wenn ich male, überlege ich nicht stundenlang.“

Rund 200 Fünft- und Sechstklässler und die Internationale Vorbereitungsklasse (IVK) mit 17 Schülern zwischen elf und 13 Jahren erlebten eine ganz besondere Vorführung. Mehrdad Zaeri zeichnete, und die Kinder konnten auf der Großleinwand in der Aula Strich für Strich verfolgen. Enno Kalisch erzählte dazu Geschichten, und Friedwart Goebels machte die Musik – mal lieblich, mal dramatisch. Sogar in der Münchner Philharmonie haben die Künstler, die seit zehn Jahren gemeinsam auftreten, schon einen Workshop mit Publikum und Musikern abgehalten. Mehrdad Zaeri arbeitet mit diesem Projekt als Integrationslotse. Und die IVK-Klassenlehrerin Hasret Akman-Faßbender hatte das Trio, das sich auf der Durchreise nach Norddeutschland befand, nach Bad Honnef geholt. Das Bündnis Hauptsache Familie finanzierte das Gastspiel.

Plötzlich wollten alle seine Bilder

Wer ausländische Eltern habe, fragte Mehrdad Zaeri. Und etliche Hände gingen nach oben. Der 46-Jährige erzählte seine eigene Geschichte. „Mit 14 Jahren bin ich aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet. Der Grund war ein großer Krieg. Kommt jemand von Euch aus dem Iran?“ Auch bei dieser Frage meldeten sich einige Kinder. Zaeri berichtete, dass er damals kein Deutsch sprach, dass er nicht zeichnen konnte und dass er keine Freunde hatte.

Das änderte sich, als er erstmals etwas zeichnete. Und ein Mädchen aus seiner Klasse rief staunend: „Das ist Michael Jackson!“ Dann wollten alle Bilder von ihm, berichtete er. „Und plötzlich hatte ich viele Freunde. Ich habe immer mehr gelernt und wurde Buchillustrator.“ Gerade habe ein Verlag aus Vietnam eines seiner Bücher herausgegeben, und auch in seiner Heimat Iran wurden seine Bücher veröffentlicht.

Mehrdad Zaeri setzte den Stift an. Einige Striche und Punkte waren auf der Beamerleinwand zu entdecken. „Denkt: Was da ist, das ist der Beginn von etwas richtig Gutem.“ Und dann ging es sehr schnell – es entstand das Bild einer Frau in einem Boot mit zwei Kindern im Arm. „Was für Leute sind das?“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Flüchtlinge.“

Das Meer, der Mond und die Erde sowie ein Vogel der Hoffnung ergänzten die Ansicht. Die Kinder spendeten begeistert Beifall und wunderten sich, wie Zaeri aus scheinbar zusammenhanglosen Strichen ein Bild gezaubert hatte. Selbst einen Motor erhielt das Boot. „Schaut, kein zufälliger Strich ist übrig. Legt den Radiergummi beiseite. Benutzt die Zufälle, die da sind.“ Und das war wohl nicht nur auf das Malen bezogen.

"Die Kartoffel"

Immer neue Geschichten gab es an diesem Vormittag. In einer Story ging es um das Mädchen Nazra, das sich auf der Flucht befindet, mit einem Koffer und einem Kochtopf, und das die Gewürze der Heimat vermisst. Als Mehrdad Zaeri die Flüchtlinge unter den Schülern fragte, was sie mit Deutschland verbinden, meinten sie: „Die Kartoffel!“ Von den deutschen Kindern wollte er wissen, ob sie Freundschaften geschlossen haben oder auch schon ein arabisches Wort kennen. Die Antwort: „Maschallah“, übersetzt: Wie es Gott beliebt.

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