Seniorenarbeit in Bad Honnef Eine Lobby für Senioren

BAD HONNEF · 25 Jahre "Brücke": 96-jähriges Gründungsmitglied Gisela Strauch-Duffing schreibt bis heute.

 Mischt sich ein auch mit 96 Jahren: Gisela Strauch-Duffing.

Mischt sich ein auch mit 96 Jahren: Gisela Strauch-Duffing.

Foto: Frank Homann

Das Frühlingslied von Mozart hat Karli das Herz für die Musik geöffnet. Gisela Strauch-Duffing erinnert sich genau, wie ihr Stiefsohn staunte, als sie das Stück leise auf dem Klavier spielte. Karli hatte eine Behinderung, "ein feiner Mensch". Zugleich war es nicht einfach, Zugang zu ihm zu bekommen. Ihre gemeinsame Begegnung mit Mozart hat die heute 96-Jährige aufgeschrieben. Ein langes Stück, das die Leser der Seniorenzeitschrift Brücke sehr rührte. "Es gab einige Resonanz, weil die meisten Bad Honnefer ihn kannten."

Gisela Strauch-Duffing gehört zu den Gründungsmitgliedern der Brücke. Der gleichnamige Verein und die Zeitschrift feiern morgen 25-jähriges Bestehen (siehe Kasten). Die Rentnerin schreibt immer noch regelmäßig Beiträge, erinnert an die verstorbene Schwester Eva Eschenbach, die als Opernsängerin und Schauspielerin Berühmtheit über das Rheinland hinaus erlangte, oder an Milchpreise nach dem Börsenkrach von 1929 und den damit verbundenen Kummer ihrer Mutter.

Man muss etwa ausholen, um ihr Engagement bei der Brücke richtig einzuordnen. Sie war in den 70er Jahren nach Bad Honnef gekommen, "das wüste Abenteuer einer zweiten Ehe". Später stand sie der Kleinpartei der Grauen Panther nahe, die sich für die Interessen von Senioren einsetzte. Als der Bundessozialminister noch Norbert Blüm (O-Ton Strauch-Duffing: "Blümchen") hieß, gründete sie als Rentnerin in Bad Honnef den ersten privaten Pflegedienst mit 14 Mitarbeitern. "Es gab damals keine Plattform für Ältere." Sie gehört nicht zu den Zauderen dieser Welt. Als man einen der Söhne, weil Linkshänder, in der Schule umlernen wollten, sagte sie: "Das ist Quatsch." Heute schreibe er auch Japanisch, aber mit rechts. "Soll er doch!"

Ernst Specht mag diese Geradlinigkeit. Der Riss zwischen den Generationen sei schon mal größer gewesen, glaubt der Vorsitzende der Brücke. Kann ein Magazin für Senioren in einer kleinen Stadt wie Bad Honnef dazu einen Beitrag leisten? Immerhin: Seit zweieinhalb Jahrzehnten erscheint die Zeitschrift mit wenigen Unterbrechungen vier Mal im Jahr. Specht war 1989 45 Jahre alt, nicht gerade das passende Alter, um Vorsitz und Redaktionsleitung einer Seniorenzeitschrift zu übernehmen. Er tat es trotzdem. "Ich bin ja gewissermaßen ausgebildeter Altenpfleger", sagt der Entwicklungshelfer in Rente und langjährige FDP-Ratsherr nicht ganz ernst. Indes: Mit Frau Tortor paukte er fürs Pflegeexamen.

Die Brücke entstand aus einem Bündnis aus der Kommunalpolitik und der Bevölkerung heraus, so Specht. "Die Zahlen sagten ziemlich eindeutig, dass Honnef eine Stadt der Älteren werden würde." Es gab eine Reihe von Altersheimen, viele Senioren zogen in die Stadt am Rhein. Da war auch Angst vor Isolation und fehlender Lobby. Die Gründungsmitglieder wollten ein Organ schaffen, an dem diese Klientel selbst mitwirken konnte. Und: Es ging auch darum, die Interessen von Alt und Jung miteinander zu verknüpfen "in einer Zeit, in der von generationenübergreifenden Projekten noch nicht die Rede war", so Specht.

Schwer zu sagen, ob dieser Spagat gelungen ist. Ein Vierteljahrhundert später erwähnten die Bürgermeisterkandidaten in der Aprilausgabe 2014 im Interview die "Generationenstadt", "generationenübergreifende Lösungsansätze" und ein "gutes Miteinander der Generationen". Die Brücke hat diese Entwicklung über zweieinhalb Jahrzehnte begleitet, schrieben über Gesundheitsthemen und Kommunalpolitik ebenso wie über die Schönheit des Siebengebirges. Wer Beiträge verfassen wollte, musste nichts Perfektes abliefern. Nur sachlich korrekt sollte es sein, was in den heute in einer Auflage von 2000 Stück angelangten Magazinen erscheint.

Die Seiten zu füllen, war nicht immer einfach. Berührungsängste mit dem geschriebenen Wort gab es bei einigen durchaus. Nicht alle Autoren schreiben mit dem Elan von Gisela Strauch-Duffing. Eine Schriftstellerin hat jetzt bei Ernst Specht angeklopft. Sie möchte ihre Gedichte in der Brücke veröffentlichen. "Es geht also weiter mit uns", sagt Specht. Auch wenn die Finanzierung für 2015 noch nicht steht und die Anzeigeneinnahmen die Produktionskosten immer nur zur Hälfte decken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort