Reparatur im Erzgebirge Ein Weihnachtsengel kehrt heim nach Bad Honnef

BAD HONNEF · Seine Flügel sind wieder heile. Theodor und Ursula Wengler haben ihren Engel zurück. Nun kann Weihnachten kommen. Zwei Jahre war das Figürchen "ausgeflogen". In dem Traditionsbetrieb Wendt & Kühn wurde das Margeritenengelchen restauriert.

 Ursula Wengler mit ihrem kleinen Engel.

Ursula Wengler mit ihrem kleinen Engel.

Foto: Frank Homann

Helga Brinsa, die in Selhof einen Laden mit Erzgebirgskunst führt, hatte den etwas lädierten Himmelsboten ihrer Kundin in die "Engelklinik" geschickt, aber die "Patientin" war dort zunächst "untergetaucht". Umso schöner kehrte sie zurück, nachdem die "Chirurgen" die gebrochenen Flügel wieder in Ordnung gebracht haben.

Auch der Henkel des Körbchens mit den Äpfelchen und den zwei auf dem Rand stehenden Mini-Mini-Häuschen, den der Engel in einer Hand hält, ist repariert. Und: Die Figur wurde "auf alt ausgebessert", heißt es auf dem Reparaturzettel. Alt ist sie ja auch. "Bis 1946 hergestellt", bescheinigten die Fachleute.

"Meine Mutter hat diese Figur im Kunsthaus Schaller in Stuttgart erworben und mir zu Weihnachten nach England geschickt", erzählt Ursula Wengler. Das war 1957. Die junge Dame weilte damals als Au-pair-Mädchen in der Shakespeare-Geburtsstadt Stratford-upen-Avon. In "Edstone Hall", einem Resort für gehobene Ansprüche, servierte sie Frühstück und den Nachmittagstee.

Das Anwesen hatte einen weiten Park. "Ich durfte mir dort frisches Grün holen und habe mein Zimmer zu Weihnachten geschmückt. Der Engel erhielt einen Ehrenplatz. Es war Heimatgefühl, als ich die Figur mit den dünnen Blattflügeln aus dem Seidenpapier wickelte, aber Heimweh hatte ich nicht. Die englische Weihnacht gefiel mir sehr gut."

Von da an begleitete dieser erste Engel aus Grünhainichen Ursula Wengler all die Jahre. Sie brachte ihn mit in die Ehe mit dem Juristen Theodor Wengler, durch dessen Tätigkeit im Bonner Bundesfinanzministerium die Familie nach Bad Honnef zog. "Dieser Engel war auch der Grundstock meiner Engelsammlung", berichtet Ursula Wengler. Ein ganzes Engelorchester mit Dirigent kam zu Weihnachten aus der Vitrine und trat in Aktion.

Das sind die berühmten Engel mit den grünen Flügeln und elf weißen Punkten darauf von Wendt & Kühn. Die Engel waren immer die ganze Freude der Wengler-Kinder Marion, Michael und Christoph. Mittlerweile haben die Sammler die Engelschar aufgeteilt an ihre Enkelinnen Caroline in Berlin und Chiara und Estella in Nürnberg. Sie jubelten, als sie dieses Engel-Erbe antraten.

Nur von einer kleinen Nebengruppe, die sich um den Engel Nummer eins schart, hat sich das Ehepaar nicht getrennt. Auf dem Sockel steht neben der Artikelnummer und dem Zeichen von Wendt & Kühn, der stilisierten Wetterfichte auf Bergeshöhe mit den Insignien "W & K", noch mit Bleistift der Preis: 3,75 Mark.

Wann der Engel aus den Grünhainichener Werkstätten ins Kunsthaus nach Stuttgart gekommen ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls gehören diese kindlichen Himmelsgeschöpfe zu einer kleinen Serie von Olly Wendt, die sie 1935 entwarf. Die fleißigen Margeritenengel bereiten Geschenke für Weihnachten vor, füttern Tiere oder bringen festliche Dekorationen ins Haus, so wie das Engelchen der Wenglers, das auch einen Lichterbaum trägt. Weihnachten kann beginnen. Der Engel ist wieder eingeflogen.

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