Kulturring Bad Honnef Brillanter Kabarettabend im Kursaal

BAD HONNEF · Kabarettist Norbert Alich und Pianist Stephan Ohm unterhalten im Bad Honnefer Kursaal mit einem spitzzüngigen literarisch-musikalischen Programm.

 Lasst den Rhein einfach Rhein sein: Norbert Alich wettert gegen romantisierenden Unfug, begleitet von Pianist Stephan Ohm.

Lasst den Rhein einfach Rhein sein: Norbert Alich wettert gegen romantisierenden Unfug, begleitet von Pianist Stephan Ohm.

Foto: Rene Meyer

„Rhenus Pater“, „Deutschlands Strom“, an dem blonde, blauäugige Mägde süffigen deutschen Wein an die illustre Dichtergesellschaft ausschenken. „Ist ja nicht auszuhalten.“ Nein, derart romantisierten Unfug habe der Rhein wahrlich nicht verdient, meinte Norbert Alich beim Kabarettabend im Kurhaus. Auf Einladung des Kulturrings Bad Honnef erzählte und sang der Pantheonike, begleitet von Pianist Stephan Ohm, voll spitzzüngiger Ironie aus der Leidensgeschichte des Rheins. Laut Alich ist er aus drei Gründen eine wirklich bedauernswerte arme Sau.

Erstens: Der Rhein müsse sich rund um die Uhr anhören, wie toll er doch sei, und das ausgerechnet von Rheinland-Fremden. Denn: „Wer ist am Rhein berühmt?“ Ob Konrad Beikircher aus Südtirol oder Kardinal Meisner aus Schlesien – „das sind alles Nicht-Rheinländer!“ Auch in allerlei lyrischen Lobliedern müsse der Rhein stets als Projektionsfläche für nationalistische Überfrachtungen herhalten: „'Der Rhein, Deutschlands Strom' – was für ein Schwachsinn.“ Gut, für Dichter sei der Rhein ein gefundenes Fressen: „Rhein-Gedichte sind so eine Art literarisches Vorglühen“, so Alich. „Soll heißen: Die kann man auch besoffen schreiben, denn es reimt sich einfach alles.“ Wer den Rhein, das arme Schwein, reduziere auf den Wein allein und vielleicht die hübschen Mägdelein, der sei einfach nur gemein.

Die Preußen? „Nur Verwaltung, Knöllchen und Papierkram.“

Zweitens: Die Preußen hätten alles versaut. Von den Römern kam die Kultur. „Während die Germanen auf der rechten Rheinseite noch mit der Keule Wildschweine erschlugen, gab's auf der besseren Rheinseite schon Spaghetti.“ Die Franzosen brachten das Savoir-vivre. Aber die Preußen? „Nur Verwaltung, Knöllchen und Papierkram.“ Und das Schlimmste: „Die haben uns die Protestanten eingebrockt!“ Dabei sei als Katholik alles so einfach gewesen: „Kirche war ein bisschen wie Theater, nur eben auf Latein. Verstanden hat man nichts, aber die Kostüme waren lustig.“

Ein paar Kerzen gespendet und schon habe man im Fegefeuer ein paar Tage frei gehabt, das sei doch ein toller Deal gewesen – „aber klar, Luther musste sich darüber ja empören. War halt ein Ossi, die sind so.“ Grund genug für ein bisschen Häme: „Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin!“, schmetterte Alich. Denn: „95 Thesen, die sind uns viel zu viel, wir brauchen nur hundert Tresen und 'nen Tisch fürs Kartenspiel.“

Drittens: Zu den drei klassischen Besatzungsmächten – Rom, Frankreich und Preußen – geselle sich noch der Engländer. Und der treibe ein ganz fieses Spiel: „Erst schweißen die uns mit den Westfalen zu einem Bundesland zusammen, jetzt wollen sie uns auf einmal alle wieder ganz im Stich lassen.“ Ausgerechnet mit den Westfalen! „Die beschweren sich dauernd, dass sie nicht so viele Kultur-Zuschüsse kriegen wie wir. Nur am meckern. Unsere Heimat-Ossis, sozusagen.“ Gelingen könne das Bundesland nur, weil sowohl Rheinländer als auch Westfalen zumindest eine Gemeinsamkeit hätten: „Beide können die Hauptstadt Düsseldorf nicht ausstehen.“

Der Rhein lädt auch zum Schwärmen ein

Aber bei allem Mitleid mit dem Rhein und seinen Anrainern: „Er hat ja schon was.“ Klar, die Zeiten hätten sich, frei nach Erich Kästner, geändert: „Man stirbt nicht mehr beim Schiffen, bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.“ Und je weniger Worte man über die rechte Rheinseite verliere, desto besser: „Adenauer hat sein Haus auch nur in Rhöndorf gebaut, damit er auf die richtige Rheinseite schauen kann.“ Doch der Rhein lade eben auch zum Schwärmen ein, und zum Knutschen: „Moon River“ stimmte Alich zum Abschied an, ein Liebeslied zur Versöhnung. Denn vielleicht, so die Botschaft, wäre der Rhein ja doch keine so arme Sau, wenn er frei von stumpfem Deutschnationalismus einfach der Rhein bliebe – und nichts weiter.

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