Ausstellung im Honnefer Kunstraum Bildhafte Denkanstöße

BAD HONNEF · Gabriele Pütz setzt die Thesen von Philosophen auf spielerische Art in Grafiken und Objekte um. Dafür verwendet sie auch Alltagsgegenstände wie Schreibmaschine und Lineal.

 Gabriele Pütz mit ihrer Installation "The Big Typescript" - einer alten Reiseschreibmaschine und einer optischen Linse.

Gabriele Pütz mit ihrer Installation "The Big Typescript" - einer alten Reiseschreibmaschine und einer optischen Linse.

Foto: Frank Homann

Sogar im Kunstraum ist Fußball Thema. Als der Philosoph Ludwig Wittgenstein Fußballer beobachtete, kam ihm der Gedanke, „dass wir in der Sprache Spiele mit Wörtern spielen“. Einen zentralen Gedanken seiner Philosophie, den Begriff des „Sprachspiels“, nahm die Künstlerin Gabriele Pütz wörtlich und stellte ihn mit den Umrissen eines Fußballfeldes dar. Das Werk ist Teil der Ausstellung „Grafik und Objekte“ der Bad Honneferin.

Werner Osterbrink, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung von Kunst und Kultur in Bad Honnef, eröffnete die Schau. Kunsthistorikerin Gudrun von Schoenebeck erklärte dem Publikum, warum sie die Arbeiten von Gabriele Pütz so schätzt: „Ihre Werke zeugen von einer ernsthaften Beschäftigung mit dem gewählten Thema, sie sind in der Ausführung wunderbar klar und in den von ihr erfundenen Bildwelten bemerkenswert originell.“

Assoziationen zu Wittgensteins Typescript

Was den Zugang zu den Arbeiten leicht macht. Mit Ludwig Wittgenstein (1889-1951) beschäftigt sich Gabriele Pütz besonders gern. Denn: „Er ist mir als Mensch am liebsten.“ Nicht nur „Anstoß“, die neunteilige Grafikreihe zu Wittgensteins „Sprachspiel“, ist ihm gewidmet. Mit einer alten Reiseschreibmaschine und einer übergroßen optischen Linse geht Pütz beispielsweise unter dem Titel „The Big Typescript“ auf die Versuche des Philosophen ein, nach seinem Erstlingswerk „Tractatus“ seine neueren Gedanken in einem Buch zusammenzufassen.

Dazu erstellte er zwischen 1929 und 1932 zahlreiche Manuskripte, die er zerschnitt und thematisch ordnete. Aus diesen Zetteln wurde das Typoskript. Diese Fassung und zwei spätere Versionen werden als „The Big Typescript“ bezeichnet. Die in Alfter geborene und in Bad Honnef lebende Künstlerin gibt Denkanstöße. Sie hat den Text von Wittgensteins letztem Buch „Über Gewissheiten“ bearbeitet: „Bis auf Zweifelhaftes ausradiert von Gabriele Pütz.“

Dreiecksbeziehung mit dem Lineal nachgezeichnet

In einem alten Vogelkäfig liegt eine Holzkugel, an dem Zettel mit Begriffen wie „Strafe“ kleben. Diese Arbeit hat einen Bezug zu Michel Foucault (1926-1984), der die Institution Gefängnis in Europa untersuchte. Mit einem alten Holzlineal hat Gabriele Pütz, die 2004 mit dem Rheinischen Kunstpreis gewürdigt wurde, die Dreiecksbeziehung der Philosophen Paul Rée (1849-1901) und Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900) mit Schriftstellerin Lou von Salomé (1861-1937) dargestellt. Ihr stellten beide – ohne Erfolg – einen Heiratsantrag.

Obwohl die thematischen Ursprünge von Pütz' Arbeiten in den komplexen Theoriegebäuden der großen Philosophen liegen: „Das, was die Künstlerin macht, ist Kunst und keine Philosophie“, unterstrich Gudrun von Schoenebeck. In ihrer Auseinandersetzung mit den philosophischen Inhalten verbinde sie spielerische Elemente und ihre eigenen Assoziationen. „Sie holt das Denkbare in die Anschauung, in unsere sichtbare Welt. Dafür verwendet sie Fundstücke, antike Gegenstände, banale Dinge des Alltags und selbst Erdachtes und Gebautes.“

Bei Gabriele Pütz gebe es keinen künstlerischen Duktus, keinen schwungvollen Gestus. Ihre künstlerische Persönlichkeit speise sich aus der Beobachtung und Analyse, die immer neue, elegante, witzige, manchmal bissige Bildformen finde. „Im besten Falle können wir diesen Blick in unseren Alltag mitnehmen.“ Die Ausstellung im Kunstraum am Rathausplatz ist bis zum 3. Juli, immer donnerstags und freitags von 16 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr zu sehen.

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