Honnefer Familie zahlt doppelt 9000 Euro für sieben Monate Kindergarten

Bad Honnef · Dass sie nach Bad Honnef gezogen ist, ihre beiden Töchter aber eine Zeit lang noch eine Kita in Bonn besuchten, kommt Familie Böttcher teuer zu stehen. Schuld ist der Interkommunale Finanzausgleich - wie ihn die beiden Kommunen auslegen.

 6632 Euro verlangt die Stadt Bad Honnef von Nora und Götz-Michael Böttcher. Mit auf dem Foto: Töchterchen Helene.

6632 Euro verlangt die Stadt Bad Honnef von Nora und Götz-Michael Böttcher. Mit auf dem Foto: Töchterchen Helene.

Foto: Frank Homann

Götz-Michael Böttcher ist immer noch fassungslos. Der Bad Honnefer Familienvater soll 9000 Euro für die siebenmonatige Betreuung seiner drei und zwei Jahre alten Töchter in einer Kita bezahlen. Schuld daran ist der Interkommunale Finanzausgleich. „Die Forderung kam wie aus heiterem Himmel“, sagt der Jurist, der das nicht hinnehmen will. Er klagt und ist sicher, dass er gewinnt. Aber er muss dennoch bis Ende Februar 6632 Euro an die Stadt Bad Honnef bezahlen – obwohl er auch bereits monatlich die Kitagebühren überwiesen hat. „Für eine bald fünfköpfige Familie ist das nicht einfach“, sagt er. Die betroffenen Städte Bonn und Bad Honnef wollten sich auf Anfrage zu dem laufenden Verfahren nicht äußern.

Was ist passiert? „Unsere beiden Töchter Luise und Helene besuchten die Kita 'Buntes Rabenhäuschen' in Bonn“, berichtet Böttcher, der mit seiner Frau Nora und den beiden Kindern 2014 von Bonn nach Bad Honnef zog. Da man am neuen Wohnort zunächst keinen Kitaplatz bekam, gingen die Kinder weiter in den Bonner Kindergarten. „Aufgrund des entsprechenden Gebührenbescheids der Stadt Bonn entrichteten wir auch ordnungsgemäß unsere Elternbeiträge“, so Böttcher. Als dann Plätze für die Kinder in Bad Honnef in der Kita „Unterm Regenbogen“ frei wurden, wurde die Betreuung in Bonn zum 29. Februar 2016 einvernehmlich beendet.

Ab dem 1. März 2016 gingen die Kinder in Bad Honnef in die Kita, die Eltern zahlten die fälligen Gebühren. Alles schien bestens, bis die Familie am 10. Oktober „völlig unvermittelt“ einen Brief aus Bonn erhielt, der dem GA vorliegt. „In diesem“, so Böttcher, „wurde uns mitgeteilt, dass die Stadt Bonn rückwirkend zum 1. August 2015 von der Möglichkeit des sogenannten Interkommunalen Finanzausgleichs Gebrauch machen möchte.“

Beiträge noch nicht zurückgezahlt

Heißt: Die Stadt Bad Honnef rechnet nun die Kosten für die Kitaplätze nach ihrer Satzung ab und reicht Teile der Gebühren an Bonn weiter. Böttcher: „Unsere bereits an die Stadt Bonn geleisteten Beiträge bekämen wir in Kürze erstattet.“ Beim Interkommunalen Finanzausgleich handelt es sich um ein Konstrukt, „von dem wir bis dahin nie gehört hatten“, so Nora Böttcher. Es sei ihnen gar nicht klar gewesen, dass es ein Problem sein könnte, dass der Wohnort in der einen und der Kindergarten in einer anderen Stadt liegt.

Doch die Stadt Bonn erstattete bislang die Beiträge nicht zurück. Stattdessen bekam die Familie eine Rechnung von der Stadt Bad Honnef. Diese verlangte für die Zeit vom 1. August 2015 bis zum 29. Februar 2016, also für sieben Monate, Elternbeiträge in Höhe von 6632 Euro. Böttcher: „Wohlgemerkt zusätzlich zu den rund 2400 Euro, die wir bereits an die Stadt Bonn entrichtet hatten. Einfach so. Aus heiterem Himmel!“ Die Begründung, so der Jurist: „Weil die Stadt Bonn von der Möglichkeit des Interkommunalen Finanzausgleichs Gebrauch macht, bestehe uns gegenüber ein solcher Anspruch der Stadt Bad Honnef.“

Familie klagt beim Verwaltungsgericht Köln

Böttcher ist empört: „Nur, weil eine Kommune von der anderen Geld haben will, sollen wir also mal eben 6632 Euro zusätzlich zahlen. Da fehlen einem die Worte.“ Der Jurist zögerte nicht. „Wir haben sowohl gegen das Vorgehen der Stadt Bonn wie auch gegen jenes der Stadt Bad Honnef Widerspruch eingelegt“, berichtet er. Doch das dauert. Während der Widerspruch von der Stadt Bonn aktuell noch geprüft werde, habe die Stadt Bad Honnef bereits einen Widerspruchsbescheid erlassen. Hiergegen haben sie beim Verwaltungsgericht Köln geklagt. Nur: Widersprüche gegen derartige Verwaltungsakte haben keine aufschiebende Wirkung; die Familie muss zunächst zahlen, konnte aber immerhin einen Aufschub bis Ende Februar erreichen.

„Selbst dem juristischen Laien ist klar, dass es nicht sein kann, dass man für eine einzige Leistung zweimal bezahlen muss.“ Böttcher ist sicher: Die Stadt Bad Honnef hat keine Rechtsgrundlage dafür, die Beiträge zu verlangen. Schließlich seien die Kinder in Bonn aufgrund eines Betreuungsvertrags mit einer Bonner Einrichtung in die Kita gegangen. Wenn das überhaupt möglich sein sollte, „muss man so tun, als wäre das Ganze nicht in Bonn, sondern hier in Bad Honnef passiert“. Aber: Wenn es um die Geschwisterkindregelung geht, winkt die Stadt dankend ab. Da die Kinder in Bonn betreut wurden, stehe eine Befreiung der Familie nicht zu, da diese Befreiung nur für in Honnef betreute Kinder gelte.

Kein Kommentar der beiden Städte

Das ist doch ein logischer Bruch, so Böttcher. Denn wie überall gilt: Der Geschwisterbonus ist nur dann nicht anzuwenden, wenn ein Kind in der einen und das andere in einer anderen Kommune betreut wird. Das war hier aber nie der Fall.

Zudem meint der Jurist, dass der Stadt Bonn jegliche Grundlage dafür fehlt, um von dem Interkommunalen Finanzausgleich mit Wirkung für die Vergangenheit Gebrauch zu machen. Man könne den ursprünglichen Beitragsbescheid nicht einfach rückwirkend aufheben. Davon unabhängig, so betont Böttcher, habe er doch auf die Rechtskraft der Beitragsbescheide vertrauen dürfen. Besonders, da die Stadt Bonn der Familie nach der Kündigung des Betreuungsvertrags sogar noch einmal mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 an die neue Honnefer Adresse bestätigte, dass die Beitragspflicht nach der Bonner Satzung zum 29. Februar 2016 endet.

Erst fast ein Jahr später meldeten sich die Bonner erneut, nun mit dem Hinweis auf den Ausgleich – da der Stadt Bonn ja bislang nicht bekannt gewesen sei, dass die Familie nach Honnef umgezogen ist. Seltsam, findet Böttcher, da man den abschließenden Bescheid zehn Monate früher an die neue Adresse geschickt hatte. Böttcher: „Jeder, dem wir diese Geschichte erzählen, schüttelt nur den Kopf und sagt: Das kann doch nicht sein.“

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