Inspiration von "Momo" 200 Schüler bei Tanzspektakel in Bad Honnef

Bad Honnef · Erwachsene, Kinder und Jugendliche - darunter Schüler aus zehn Schulen - zeigen bei "Bad Honnef tanzt" im März ihre Choreografien. Und diesmal werden die Akteure von einem TV-Schauspieler unterstützt: Enno Kalisch, unter anderem bekannt aus dem "Tatort", spielt Meister Hora.

Wörter, die mit Zeit zu tun haben, sind zahlreich in der deutschen Sprache. Zeitaufwand, Zeitlupe oder Zeitgeist, zeitgemäß, zeitig oder zeitraubend: Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Darunter auch: zeitlos. Diesen Titel hat das Team von „Bad Honnef tanzt“ für die sechste Auflage des Festivals gewählt. Erneut zeigen mehr als 200 Schüler aus zehn Schulen sowie Tanzgruppen aus Bad Honnef im März ihre Choreografien. Veranstaltungsort ist dieses Mal das ehemalige Katholisch-Soziale Institut (KSI) an der Selhofer Straße.

Ganz und gar zeitlos – diese Umschreibung passt auch auf die literarische Vorlage, die für Teile des Festivals die Idee lieferte: Michael Endes 1973 erschienener Roman „Momo“. Die Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbringt, inspirierte das „Bad Honnef tanzt“-Team um Anna-Lu Masch und Mara Dewenter zu zwei Stücken: „Momo und die Zeitfresser“ und „Momo und die Stunde“.

Eine Videokünstlerin gestaltet Projektionen

Die Musik – sprich: die Kompositionen – liefert erneut Björn Jentsch. Die Videokünstlerin Lieve Vanderschaeve sorgt mit ihren Projektionen für ein beeindruckendes und perfektes Bühnenszenario. Nicht nur die Anlehnung an eine literarische Vorlage, auch der frühe Termin im März und der Veranstaltungsort sind neu.

Unterstützung erhalten die Veranstalter vom gemeinnützigen Verein „Bad Honnef tanzt“ und die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen zudem von Enno Kalisch. Der Schauspieler, Songwriter und Autor, bekannt unter anderem aus TV-Produktionen, schlüpft in die Rolle des Meister Hora. Und bindet die getanzten Szenen als Sprecher ein. Flankiert wird er von einem jungen Konterpart, dem erst zehnjährigen Jaydon Morouse, als Momos Stimme.

Doch „Bad Honnef tanzt“ wäre nicht „Bad Honnef tanzt“, handelte es sich bei den Stücken um eine reine Nacherzählung der Geschichte von den „Grauen Herren“, die die Zeit zigarettengleich in Rauch aufgehen lassen. Vielmehr handele es sich um eine „poetische Mischung“ aus getanzten Anleihen an den literarischen Stoff und Bezügen zum Jetzt, wie Enno Kalisch bei der Programmvorstellung in der Konrad-Adenauer-Schule betonte.

Bezüge zur Lebenswirklichkeit der jungen Akteure

So geht die Zeit auch keineswegs in Rauch auf. Zeitfresser sind vielmehr die Handys. Ein wirklichkeitsnaher Bezug nicht nur für die Darsteller im Alter von sechs bis 17 Jahren. Zu viel verraten will Anna-Lu Masch natürlich nicht. Schließlich sollen sich die Zuschauer überraschen lassen. Und das werden sie schon durch die Choreografien, die mit Absicht viel Raum für Bewegung und individuellen Ausdruck lassen.

Das gilt auch für die anderen Stücke, die zu sehen sein werden. So zeigen Schüler der fünften bis neunten Klassen am Schloss Hagerhof Szenen zum Thema „Täter – Opfer“. Grundlage ist Igor Strawinskys Ballettmusik „Le sacre du printemps“. Die historische Figur der Jungfrau, die geopfert wird, steht ebenfalls für Bezüge ins Hier und Jetzt. Es geht um Mobbing, Ausgrenzung und Gewalt, aber auch um die Absurdität von Schönheitswahn und - wettbewerben. Entwickelt wurde das Stück „Sacre“ von Anna-Lu Masch und den Tänzern gemeinsam; die Projektionen kommen von Anke Noreike, Künstlerin und Kunstlehrerin am Hagerhof.

Der Bürgermeister ist ein bekennender Fan

Im Vorprogramm zeigen die jüngsten Teilnehmer – zwei- bis elfjährige Mitglieder der Abteilung Modern Dance im Turnverein Eiche – Tänze zum Thema „Elemente“. Nicht fehlen dürfen die aus „Bad Honnef tanzt“ hervorgegangenen Kompanien „Boys“ und „Girls“, die von einer erwachsenen Modern-Dance-Gruppe unterstützt werden. Gemeinsam gestalten sie zwei Tanzabende zum Thema „Spuren“.

„Ich bin ein Fan dieses Projekts“, sagte Bürgermeister Otto Neuhoff bei der Vorstellung. „Und es hat bundesweite Strahlkraft.“ Dem Projekt gebühre ein noch viel größerer Rahmen, pflichtete Nina Morouse, Lehrerin an der beteiligten Sankt-Martinus-Grundschule, bei. Das Projekt wirke sich weit über die Probenzeit, die im September gestartet war, und die Aufführungen hinaus positiv aus und stärke das Wir-Gefühl der Teilnehmer.

Weniger gut steht es immer um die Finanzierung. Denn öffentliche Mittel seien knapp, ohne Spenden gehe es nicht, so Anna-Lu Masch. Entsprechend froh war sie, dass Neuhoff bei einem Termin beim Erzbistum in anderer Sache den Veranstaltungsort KSI ins Gespräch brachte. Ein Zelt wie 2017 wäre nicht finanzierbar gewesen, so Masch, und schon angesichts der großen Teilnehmerzahl müssten die Räume eine gewisse Größe haben. Neuhoff: „Ich habe die Bitte gerne aufgegriffen und bin sehr dankbar, dass das Bistum das möglich gemacht hat.“

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