Interview mit Lisa Schulte und Christina Münk vom Frauenzentrum Bad Honnef „Ein Signal an Frauen und Mädchen“

Bad Honnef · Im Frauenzentrum in Bad Honnef beraten Lisa Schulte und Christina Münk mit ihren Kolleginnen in mehr als 1000 Gesprächen jährlich Frauen in Konfliktsituationen.

 Anlaufstelle für Frauen in Konfliktsituationen: Lisa Schulte (l.) und Christina Münk haben im vergangenen Jahr insgesamt 421 Frauen bei verschiedenen Problemen beraten.

Anlaufstelle für Frauen in Konfliktsituationen: Lisa Schulte (l.) und Christina Münk haben im vergangenen Jahr insgesamt 421 Frauen bei verschiedenen Problemen beraten.

Foto: Frank Homann

Vor zwei Monaten verabschiedete der Bundestag eine Reform des Sexualstrafrechts in Deutschland. Strafbar macht sich künftig jeder, der sich über den „erkennbaren Willen“ einer anderen Person hinwegsetzt und sexuelle Handlungen an ihr vornimmt.

Welche Beratungen bieten Sie im Frauenzentrum an? Wie sieht Ihre Arbeit aus?

Christina Münk: Wir sind als Frauenzentrum Bad Honnef gemeinsam mit Troisdorf für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis zuständig. Zu unserem Gebiet zählen neben Honnef und Königswinter unter anderem auch Meckenheim und Rheinbach.

Welche Frauen kommen zu Ihnen?

Münk: Zudem haben wir Fälle von Stalking, Burnout oder Mobbing.

Wie läuft eine Beratung ab?

Der Bundestag verabschiedete im Juli eine Reform des Sexualstrafrechts. Welche Veränderungen beinhaltet das neue Gesetz?

Schulte: Die sexuelle Selbstbestimmung war per se nicht geschützt. Sexuelle Übergriffe sind Extremsituationen für die Opfer. Es passiert oft, dass Frauen wie gelähmt und geschockt sind und sich nicht wehren. Diese Fälle wurden bisher nicht als Straftat angesehen. Außerdem wird Mädchen in unserer Gesellschaft nicht gezeigt, dass und wie sie sich wehren können. Kämpfen gehört nicht zum weiblichen Verhaltensrepertoire. Münk: Neu ist auch der Straftatbestand der sexuellen Belästigung, hier geht es vor allem um das sogenannte „Grapschen“, das bislang nicht strafrechtlich verfolgt wurde.

Was bedeutet das veränderte Gesetz für Ihre Beratungspraxis?

Münk: Was man persönlich als Grenzüberschreitung empfindet, ist nun rechtlich gesichert. Das Gefühl wird auch juristisch bestätigt.

Haben Sie in Ihrer täglichen Arbeit seit der Verabschiedung schon Veränderungen ausmachen können?

Münk: Es sind nicht zuletzt die gesellschaftlichen Konsequenzen, auf die wir nun hoffen können. Dass das Umfeld des Opfers beispielsweise keine Vorwürfe mehr macht, dass sexuelle Übergriffe nicht mehr bagatellisiert werden und dass es eine größere Sensibilität für sexualisierte Gewalt gibt.

Bisher werden nur etwa fünf Prozent aller Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht.

Was muss sich noch ändern? Welche Denkmuster müssen durchbrochen werden?

Christina Münk ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Frauenzentrums Bad Honnefs zuständig und arbeitet als psychologische und philosophische sowie als Burnout-Beraterin. Lisa Schulte ist hauptamtliche Fachberaterin für Psychotraumatologie im Frauenzentrum.

Zu den Personen

Das Frauenzentrum Bad Honnef, Hauptstraße 20a, besteht seit 1986 und bildet eine Fachberatungsstelle mit den Schwerpunkten sexualisierte und häusliche Gewalt sowie Essstörungen. Daneben werden Traumatherapien und Kurse angeboten. Das Frauenzentrum ist werktags von 10 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Infos: 02224/10548 oder www.frauenzentrum-badhonnef.de.

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