Haushaltsdebatte in Bad Honnef Die Nerven liegen blank

BAD HONNEF · Ein Bürgermeister, der Nerven zeigt. Eine persönliche Erklärung, die Emotionen schürt. Und die Tatsache, dass das Leben in der Stadt für alle Bürger teurer wird: Das waren die Zutaten der Stadtratssitzung am Donnerstagabend.

 Politik in der Zwickmühle: Die Erhöhung der Grundsteuer B belastet Hausbesitzer und Mieter – hier Villen in Bad Honnef – , doch eine Alternative zur Haushaltskonsolidierung scheint nicht in Sicht. ARCHIVFOTO: HOMANN

Politik in der Zwickmühle: Die Erhöhung der Grundsteuer B belastet Hausbesitzer und Mieter – hier Villen in Bad Honnef – , doch eine Alternative zur Haushaltskonsolidierung scheint nicht in Sicht. ARCHIVFOTO: HOMANN

Foto: Frank Homann

Am Ende verabschiedete das Stadtparlament mit Mehrheit den Haushalt 2016 und das Sicherungskonzept 2017. Streitpunkt war die ab 2017 verankerte Erhöhung der Grundsteuer B, die in gesonderter Abstimmung eine Mehrheit fand. Die Steuer, die auf bebaute Grundstücke erhoben wird, über die Nebenkosten für Miete und Pacht umgelegt werden kann und in den Augen der Ratsmehrheit somit eine „gerechtere Belastung aller“ ist, steigt ab 2017 um etwa ein Drittel – von jetzt 520 auf 730 von Hundert.

Lediglich die Freie Wählergemeinschaft verwehrte dem Gesamthaushalt die Zustimmung und wollte dies als Signal verstanden wissen an jene, die den Kommunen das Leben schwer machen: Bund und Land. Ambivalenter die Abstimmung zur Grundsteuer B: Der Vorschlag der SPD, die Erhöhung auf 630 von Hundert moderater zu gestalten und stattdessen auch die Gewerbesteuer leicht um fünf von Hundert zu erhöhen, wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag der Grünen.

Sie forderten eine gestaffelte Anhebung der Grundsteuer B auf 570 von Hundert 2016 sowie auf 650 von Hundert 2017. Das Ziel – ein genehmigungsfähiger Haushalt 2016 und ein Haushaltsausgleich für 2017 – wäre so ebenfalls erreicht, so die Grünen. SPD und Grünen trugen die Erhöhung auf 730 von Hundert denn auch nicht mit.

Grünen-Fraktionssprecherin Gabi Clooth-Hoffmeister distanzierte sich zudem in einer persönlichen Erklärung von der Verquickung der finanziellen Schieflage der Stadt mit der Flüchtlingsthematik: Eine solche schüre Ressentiments. Ihr Eindruck sei, „hier wird etwas passend gemacht. Wir hatten doch immer ein Defizit. Und jetzt ist der Syrer schuld, der am Rhein spazieren geht. Besser wäre es, die Reißleine zu ziehen und ein neues Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.“

Was das bedeuten würde, das hatten Bürgermeister Otto Neuhoff und Kämmerin Sigrid Hofmans zuvor dargelegt – wie auch Neuhoff in einer emotionalen Gegenrede von sich wies, man schiebe die Schuld jenen Menschen zu, die hier Schutz suchten und für deren Daseinsvorsorge und Integration jeder Euro gut angelegt sei.

Gleichwohl, „und da muss man der Wahrheit ins Auge sehen“, bleibe es dabei: Aktuelles Problem sei, dass das Zahlenwerk durch die Asyl-Erstattungsproblematik alleine seit Einbringung im Dezember extrem ins Wanken geraten sei. Zweimal bereits habe nachgebessert werden müssen. Da nützte es auch nichts, dass Rat und Verwaltung zuvor in intensiven Runden Einsparpotenziale von 2,8 Millionen Euro gefunden hatten, wie es mehrfach hieß. Gegenüber dem Entwurf fehlten weitere drei Millionen Euro.

Neuhoff weiter: Nicht einmal die Bundesmittel würden durch das Land an die Kommunen weitergereicht. Die Kommunen bekämen aktuell auch nicht die Kosten für alle tatsächlich hier lebenden Flüchtlinge erstattet. Bis auf weiteres gelte: Die Zahl der Flüchtlinge und die Zuschüsse würden rein theoretisch nach Einwohnerzahl und Fläche berechnet. Ergebnis: zwei Millionen Euro weniger an Erstattung als im Entwurf prognostiziert.

Um es noch paradoxer zu machen: Die Kommunalaufsicht habe die zu planenden Einnahmen im Haushalt auf das zuvor geschilderte Niveau begrenzt – obwohl schon jetzt höhere Ausgaben absehbar seien. Noch nicht eingerechnet sei, dass die Kommune etwa mit dem Bau der Unterkunft in Rottbitze und einem Haus im Lohfeld in Vorlage trete – auch, um dem Anspruch auf dezentrale menschenwürdige Unterbringung gerecht zu werden.

Wenn dann alle Bemühungen von höherer Ebene oder der Ministerialbürokratie konterkariert würden, so Neuhoff vehement, „tut das in der Seele weh, ich fühle mich da überfordert, das macht doch keinen Spaß mehr“. Volle Rückendeckung erhielt Neuhoff von CDU, FDP und Bürgerblock, die zugleich betonten, einen Automatismus bei Steuererhöhungen werde es nicht geben. Die Stadt brauche den Etatausgleich 2017, darauf pochten CDU-Fraktionschef Sebastian Wolff sowie seine Kollegen Rainer Quink (FDP) und Karl-Heinz Dißmann (Bürgerblock) – ein Punkt, den im Grundsatz alle Fraktionen mittragen.

Grund ist die Selbstverpflichtung des Rates von 2012, dass 2017 mindestens die schwarze Null gelingt. „Schaffen wir es nicht, kommt der Nothaushalt“, so Neuhoff. Die Folge: Kein Gestaltungsspielraum, keine Investitionen, keine Stadtentwicklung, keine Zuschüsse aus anderen Töpfen. Quink: „Denn wer gefördert werden will, muss auch einen Eigenanteil aufbringen.“

Verdoppeltes Minus

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen habe sich die finanzielle Lage der Stadt gegenüber dem Haushaltsentwurf aus Dezember erneut dramatisch verschlechtert, so die Verwaltung in der Vorlage zum Stadtrat.

Deutlich wird das beim sogenannten Jahresfehlbedarf. Der beträgt nach aktuellem Stand 2016 rund 6,3 Millionen Euro. Im Dezember prognostiziert war ein Minus von 3,23 Millionen Euro. Für das Haushaltjahr 2017 ergab sich nach Neuberechnung: Anstatt rund 900.000 Euro auf der Haben-Seite, hätte ein Minus von 123.000 Euro ausgewiesen werden müssen.

Durch die Erhöhung der Grundsteuer B von 520 auf 730 von Hundert im kommenden Jahr lasse sich 2017 ein Überschuss von rund 900.000 Euro darstellen, was dem Niveau des Haushaltsentwurfes entspreche.

Resolution

Gegen die Stimmen der SPD verabschiedete der Stadtrat am Donnerstagabend mehrheitlich eine Resolution an den NRW-Landtag. Basis bildet der Brandbrief, in dem Bürgermeister Otto Neuhoff, wie berichtet, der nordrhein-westfälischen Landtagspräsidentin Carina Gödecke und Innenminister Ralf Jäger die Not der Kommunen vor Augen geführt hatte.

Die Forderung darin lautet unter anderem wörtlich, die „rechtswidrige Handhabung“ bei der Erstattung der Flüchtlingskosten müsse beseitigt werden. Stattdessen sollten „ausreichende Finanzierungsgrundlagen für alle Gemeinden, die auch die zukünftige Entwicklung berücksichtigen“, geschaffen werden. Ferner bräuchten die Kommunen fortlaufende Prognosedaten, die „abgesicherte Investitionsentscheidungen“ und solide Haushalte möglich machten.

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