Vier Minuten gibt die Düse Schub

WACHTBERG · 22-jähriger Wachtberger testet an der Fritzdorfer Windmühle sein selbstgebautes Aggregat.

 Sebastian Kläser (l.) will an der Windmühle in Fritzdorf sein selbstgebautes Strahltriebwerk testen und macht mit Freund Christoph Brunzel das Triebwerk startklar. Aus Sicherheitsgründen durften die Berkumer Schüler nur beim Aufbau einen Blick auf die Apparatur werfen. FOTO: AXEL VOGEL

Sebastian Kläser (l.) will an der Windmühle in Fritzdorf sein selbstgebautes Strahltriebwerk testen und macht mit Freund Christoph Brunzel das Triebwerk startklar. Aus Sicherheitsgründen durften die Berkumer Schüler nur beim Aufbau einen Blick auf die Apparatur werfen. FOTO: AXEL VOGEL

Foto: Axel Vogel

Würde das selbstgebaute Stück Technik funktionieren? Würde die Brennkammer des Düsentriebaggregates halten und einen kontinuierlichen sowie beständigen Düsenschub erzeugen? Das waren spannende Fragen, die sich Sebastian Kläser, dem Konstrukteur des Düsenaggregates im Miniformat, kurz vor der ersten Inbetriebnahme seiner Eigenproduktion stellte.

Ausgesucht als Versuchsgelände hatten sich der 22-Jährige, ein Werthhovener, der inzwischen in Köln lebt und sein Arbeitskollege Christoph Brunzel einen abgelegenen Ort, die Fritzdorfer Windmühle. Doch der Start des Probelaufes verzögerte sich aufgrund unerwarteter Hindernisse: Obwohl Kläser die Inbetriebnahme ganz vorschriftsmäßig beim Wachtberger Ordnungsamt angemeldet hatte, waren der Tüftler und 24-jähriger Mitstreiter Brunzel gegen 11 Uhr nicht allein vor Ort.

Einige Schüler und Lehrer die Berkumer Gemeinschaftsgrundschule hatten sich an dem Tag die Windmühle als Ziel für einen Schulausflug auserkoren. Auch wenn die Schulkinder höchst neugierig Kläsers rund 50 Kilogramm schwere Apparatur aus Schläuchen und Pumpen umringten, die er auf einem der Mühlsteine aufgebaut hatte, hieß es für ihn warten. Schließlich sollten allein aus Lärmschutzgründen keine anderen Personen beim Probetrieb in der Nähe sein, erklärte Kläser.

Das Warten wurde dann aber belohnt: Nachdem die Grundschüler gegen 12.30 Uhr in den Bus gestiegen und nach Hause gefahren waren, konnte Kläser den Startknopf drücken: Und zur großen Freude des Konstrukteurs lief die Turbine, nachdem ein Schlauchplatzer repariert worden war. Mehr noch: Sie hielt insgesamt auch für rund vier Minuten ihre Leistung. Diese war zwar geringer als erwartet, "aber für den ersten Testlauf völlig ausreichend", sagte er.

"Um den hohen Belastungen standzuhalten, mussten alle Teile am Triebwerk aus Stahl gefertigt sein."

Motoren und Fortbewegungsmittel in jeder Form faszinieren Kläser schon seit Kindheitstagen. Ausgestattet mit viel Technikverständnis und handwerklichem Geschick hat der 22-Jährige bereits jede Menge Eigenkonstruktionen in seiner Privatwerkstatt gefertigt. Erst vor kurzer Zeit hat er seine Prüfung zum Metallbaumeister bestanden.

Ein lang gehegter Wunsch von Kläser blieb aber unerfüllt: "Ich wollte einmal ein Düsentriebwerk nachbauen." Das Vorhaben war bislang daran gescheitert, dass er keinen erschwinglichen Turbolader finden konnte. Der ist aber das Herzstück des Düsentriebaggregates. Schließlich soll der Lader, vereinfacht ausgedrückt, durch seine hohe Umdrehungszahl den Düsenschub erzeugen. Als Brennstoff dient Kläser dabei nicht Kerosin, sondern Butangas, Diesel und Synthetiköl kommt als Schmierung des Turbo-Lagers zum Einsatz. Dabei brauchte Kläser einen professionell gefertigten Turbolader. Der sollte die Brennkammer kühlen, die in der Form einer Rohrbrennkammer gehalten ist. Gezündet wurde das Gasgemisch in der Brennkammer mit Hilfe einer Zündkerze und einer selbstgebauten Zündspule mit rund 50 000 Volt.

Da in der Brennkammer Temperaturen von rund 1200 Grad entstehen, wäre diese in wenigen Sekunden geschmolzen, wenn sie laut Kläser nicht gleichzeitig von der Luft aus dem Turbolader gekühlt worden wäre. Kläser: "Um den hohen Belastungen standzuhalten, mussten alle Teile am Triebwerk aus Stahl gefertigt sein."

Vor rund einem halben Jahr war endlich ein geeigneter Turbolader gefunden: Und zwar in einem Unfallfahrzeug. Sebastian Kläser baute das lang gesuchte Teil aus dem Schrottwagen aus und in seinem Düsentriebaggregat ein. Dabei leistete der junge Tüftler wieder gute Arbeit. Denn auch wenn nichts an der Konstruktion berechnet war: Der Turbo hielt und das Düsentriebwerk lief.

Am Ende waren Sebastian Kläser und sein Kollege Christoph Brunzel zufrieden mit dem Verlauf des Experimentes. Auch wenn es an dem Düsenaggregat noch das ein oder andere zu optimieren galt, so der Erbauer. Ermutigt von dem Erfolg hat der neue Ziele: Als nächstes will der junge Wachtberger ein Flugmodell bauen, das allerdings einen Elektroantrieb bekommen soll.

Zu sehen sein wird die Inbetriebnahme voraussichtlich ab nächster Woche auf dem Youtube-Kanal der beiden.

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