Feuerwehr in Wachtberg Tragehilfen und Türöffner-Dienste belasten Einsatzkräfte

WACHTBERG · Wieder einmal war die Muskelkraft der Wachtberger Feuerwehr gefragt. In Adendorf musste eine rund 85 Kilogramm schwere Person, die nicht mehr gehen konnte, aus dem ersten Stock eines Hauses ins Krankhaus gebracht werden.

So schilderte es Markus von Wirtz, Wachtbergs stellvertretender Wehrleiter. Daraufhin rückten zwei Rettungssanitäter an. Nur reichte deren Know-how nicht aus, "um den Patienten allein zum Rettungswagen zu transportieren", sagte von Wirtz. Also wurde die Feuerwehr um Amtshilfe gebeten. Streng genommen handelte es sich um keinen akuten Notfall, trotzdem wurde die Feuerwehr unter dem Stichwort "Traghilfe Rettungsdienst" alarmiert.

Am Ende halfen in Adendorf drei Wehrleute beim Tragen. Auch wenn das "keine originäre Aufgabe der Feuerwehr ist", wie Wachtbergs Wehrführer Markus Zettelmeyer ergänzt, gehört es zur Routine. "Zehn bis 15 Prozent unserer Einsätze pro Jahr entfallen auf Tragehilfen, Tendenz steigend."

Laut Zettelmeyer handelt es sich um ein "kontrovers diskutiertes" Thema. Schließlich würden solche Einsätze kleinere Wehren wie die seine "stark belasten". Wie berichtet, schafft es die Wachtberger Wehr tagsüber nicht annährend, die von der Kölner Bezirksregierung vorgegebenen Eintreffzeiten zu erfüllen.

Der Grund: Es fehlt an Personal. In der prekären Situation würden nun knappe Ressourcen durch Aufgaben belastet, die nicht Sache der Feuerwehr seien, sagt Zettelmeyer. Dazu gehöre auch die steigende Zahl der Alarmierungen "Person hinter Tür", bei denen die Feuerwehr eine Art "Schlüsseldienst" übernehmen muss. Oft, weil betagte Wohnungsinhaber Hilfe brauchen. Zettelmeyer schätzt: Bei fünf Prozent aller Einsätze pro Jahr müssen verschlossene Türen geöffnet werden.

Unterstützung bekommt er vom gerade erst in den Ruhestand verabschiedeten Kreisbrandmeister Walter Jonas. In der Tat hätte die Belastung durch Anforderungen zur Tragehilfe zugenommen. Dabei handelt es sich laut Jonas um eine freiwillige Leistung, welche die Feuerwehr nicht übernehmen muss, "aber das tut". Warum man regelmäßig einspringe, erklärt er so: "Wegen der Eilbedürftigkeit ist die Feuerwehr in aller Regel die einzige Einrichtung, die auf Grund ihres Organisationsgrades in der Lage ist, schnell und mit der notwendigen Personalstärke diese spezielle Hilfe leisten zu können."

Walter Jonas bricht allerdings eine Lanze für den Rettungsdienst. "Die Leitstelle versucht im Vorfeld zu klären, ob wegen ungünstiger räumlicher Verhältnisse zusätzliches Personal des Rettungsdienstes beim Transport gebraucht wird." Trotzdem müsse oft auch die Feuerwehr ran, weil etwa bei Schwergewichtigen-Transporten Türen und Fenster verbreitert werden müssten.

Diese Hilfeleistung belaste umso mehr, als weitere Herausforderungen hinzukämen, die es laut Jonas "so früher nicht gab". Er verweist auf jene Einsätze, bei denen Personen hinter verschlossener Tür befreit werden müssen. Jonas schätzt, dass sich kreisweit die Zahl der Einsätze in den letzten Jahren verdreifacht haben: "Dort, wo früher die Familie oder die Nachbarschaft einem alleinstehenden Menschen bei einem Notfall geholfen hat, muss heute die Feuerwehr einspringen."

Dabei ärgert einige Wehrführer, dass Rettungsdienste etwa Leistungen wie Krankentransporte bei der Krankenkasse abrechnen können, die Feuerwehr aber ihre Hilfestellung ehrenamtlich leistet. Die Kritik erstaunt Ellen von Itter, Sprecherin de AOK Rheinland/Hamburg.

Sie verweist darauf, dass die Feuerwehr sehr wohl solche Einsätze grundsätzlich in Rechnung stellen kann. Zwei Urteile (1 S 2441/09; L 10 KR 59/08) hätten das Thema bereits behandelt. Tenor: "Wenn ein Krankentransportunternehmen die Feuerwehr als Tragehilfe ruft, so kann die Feuerwehr ihre Leistung gegenüber dem Transportunternehmer in Rechnung stellen.

Dass bislang die Feuerwehren ihre Hilfe unentgeltlich leisten, hängt damit zusammen, dass die 19 Kreiskommunen entsprechende Gebühren in ihrer Satzung nicht geregelt haben, erklärt Rita Lorenz, Sprecherin des Landrates: "Darüber hinaus gibt es beim Rhein-Sieg-Kreis auch keine entsprechende Gebührenordnung über besondere Leistungen, auf deren Grundlage wir diese Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen könnten."

Aber Lorenz kündigt an: "Das Ganze wird ganz sicher bei den anstehenden Gebührenverhandlungen mit den Kassen ein Thema sein." Ohne ins Detail gehen zu wollen, sagt auch der neue Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg: "Wir werden uns Gedanken über die Entlastung des Ehrenamtes machen."

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