Großübung in Wachtberg "Es ist schon sehr nah an der Realität"

WACHTBERG · Viel zu schnell überholt das Auto einen Linienbus auf der Straße zwischen Adendorf und Fritzdorf. Dabei übersieht die Pkw-Fahrerin einen Traktor, der aus einem Feldweg auf die Straße fährt. Das Fahrzeug kracht gegen den Traktor, überschlägt sich mehrfach und bleibt auf der Beifahrerseite liegen.

 Verheerender Unfall zwischen Adendorf und Fritzdorf - aber für die Großübung nur gestellt. Darin verwickelt sind ein Pkw, ein Traktor und ein Bus.

Verheerender Unfall zwischen Adendorf und Fritzdorf - aber für die Großübung nur gestellt. Darin verwickelt sind ein Pkw, ein Traktor und ein Bus.

Foto: Nicolas Ottersbach

Während die Fahrerin herausgeschleudert wird, ist die Beifahrerin im Fahrzeug eingeklemmt. Der Bus legt eine Vollbremsung hin, einige Insassen stürzen. Passanten wählen den Notruf, es gibt mehrere Schwer- und Leichtverletzte. Die Rettungsleitstelle löst das Alarmstichwort "TH3", technische Hilfeleistung der Stufe drei aus und die gesamte Wachtberger Feuerwehr rückt an.

"Es ist zwar nur eine Übung, dafür aber eine sehr realistische", sagte der Wachtberger Feuerwehr-Chef Markus Zettelmeyer. Rund hundert Einsatzkräfte probten am Wochenende bei einer Großübung den Ernstfall, auch der Rettungsdienst war dabei. "Die große Herausforderung war, dass der Einsatzleiter den Unfall in sinnvolle Abschnitte einteilt", so Zettelmeyer. So musste sowohl der Herzinfarkt des Busfahrers behandelt, als auch die eingeklemmte Person aus dem Autowrack befreit werden.

Ehe Rettungsdienst und zwei Notärzte eintrafen, betreuten die Feuerwehrleute die Verletzten. Jörg Willms kletterte als erster durch die schmale Heckscheibe des Pkw, um der eingeklemmten jungen Frau helfen zu können. Erst als das Fahrzeug mit Leitern und gerollten Schläuchen gegen Umkippen gesichert war, begannen die Wehrmänner es zu zerlegen. Die Heckklappe entfernten sie mit einem hydraulischen Spreitzer, der mit mehreren Tonnen Kraft zupacken oder auseinanderdrücken kann. In die Windschutzscheibe schnitten sie mit einer Glassäge eine Öffnung, durch die die Frau gerettet werden konnte. Gleichzeitig versorgte sie ein Notarzt.

Ein paar Meter weiter, wo Bus und Traktor standen, gab es viele Verletzte. Während drei Insassen des Linienbusses schnell zum Rettungsdienst transportiert wurden, erlitt ein weiterer schwere Verletzungen durch einen Sturz. Dann hatte der Busfahrer auch noch einen Herzinfarkt, ihn reanimierten die Sanitäter. Der Traktorfahrer stand erst nur unter Schock, verlor aber plötzlich das Bewusstsein.

"Das war so gar nicht geplant", sagte Zettelmeyer, der die Übung als Pressesprecher begleitete. Das sei eine Dynamik, die nicht vorhersehbar sei - wie im echten Einsatz. Weil die Rettung des Traktorfahrers so lange dauerte, improvisierte er kurzerhand. Aus drei Schwerverletzten wurden so vier.

"Es ist schon sehr nah an der Realitität", erzählte Hauptfeuerwehrmann Jörg Willms. Der 36-Jährige ist seit über zehn Jahren bei der Feuerwehr. Für die Älteren, die schon viele Einsätze erlebt hätten, sei es eben nur eine Übung. "Im Ernstfall wäre alles noch etwas schneller und nicht so entspannt gewesen", sagte er. Für die jungen Kameraden findet er solche Großübungen optimal: Sie würden dadurch an die realen Einsätze herangeführt. Für alle sei es wichtig, dass die Abläufe geprobt würden. Diesmal auch mit dem Rettungsdienst.

Was am Ende für den Stellvertretenden Wehrleiter Markus von Wirtz zählte, war die Zeit: Innerhalb von einer Stunde waren alle Verletzten versorgt und in das fiktive Krankenhaus nach Fritzdorf gebracht worden. "Und das hat trotz aller Schwierigkeiten geklappt." Er griff in das Einsatzgeschehen diesmal nicht ein, mit einer grauen Weste markiert, machte er sich Notizen und beobachtete die Arbeit seiner Feuerwehrleute. "Das wird alles ausgewertet und bei einem späteren Treffen mit allen besprochen", so von Wirtz.

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