Vogelattacke in Wachtberg Bussard attackiert Läufer

BAD GODESBERG/WACHTBERG · "Einen Moment bitte, mein Mann sitzt noch in der Ecke und blutet", sagt die freundliche Dame am Telefon. Kurz darauf hat Werner von Schaaffhausen seine Wunden halbwegs versorgt und den ersten Schock überstanden. Doch was war überhaupt passiert?

 Ein Mäusebussard im Flug: Während der Brutzeit können die Greifvögel auch für Menschen gefährlich werden.

Ein Mäusebussard im Flug: Während der Brutzeit können die Greifvögel auch für Menschen gefährlich werden.

Foto: dpa

Der 64-jährige Gymnasiallehrer kommt sofort auf den Punkt: "Vor einer halben Stunde hat mich ein Bussard angegriffen. Beim Laufen".

Dienstag, früher Nachmittag. Über den Obstplantagen am Ortsrand von Wachtberg-Arzdorf scheint die Sonne, und Werner von Schaaffhausen hat seine tägliche Laufrunde fast beendet. Da nimmt er im Augenwinkel wieder diesen Bussard wahr, der ihm bereits vor zwei Wochen unangenehm aufgefallen war. "Da hat er einige Scheinangriffe auf mich geflogen, blieb aber auf Distanz", berichtet der Fritzdorfer verwundert. Denn: "Wie eine Maus sehe ich doch eigentlich nicht aus."

Dennoch: Auch diesmal setzt der Vogel von der nahen Waldinsel aus mehrfach zum Angriffsflug an. Schaffhausen kürzt seine Runde ab und wähnt sich bereits in Sicherheit, da passiert es: Von hinten lässt ihn der mächtige Greifvogel Krallen und womöglich auch Schnabel spüren und erwischt ihn insgesamt fünf Mal am Kopf. "Die Heimtücke hat mich besonders geärgert", schmunzelt der Fritzdorfer, der - zurück am Ort der unfreiwilligen Begegnung - über den Zwischenfall schon wieder lachen kann. Die Wunden sind versorgt und nur noch mit Mühe zu erkennen, und vom Arzt gab's zur Sicherheit eine Tetanus-Spritze.

Nachdenklich stimmte den Läufer auch die Aussage eines Landwirts, der als Zeuge der Attacke nur lakonisch bemerkt habe, so etwas würde der Bussard "öfter" machen. "Das war Anlass für mich, die Zeitung zu informieren, um andere Menschen zu warnen", sagt Schaaffhausen, der in seiner Freizeit der Jagd nachgeht.

Dem Bussard im Gegenzug mit waidgerechten Mitteln wirksam aufs Gefieder zu rücken, kommt indes nicht infrage - und zwar nicht zuletzt aus juristischen Gründen: Waren Greifvögel wie der Mäusebussard bereits seit vielen Jahren ganzjährig geschont, gehören sie seit der jüngst erfolgten Novellierung des Landesjagdgesetzes in Nordrhein-Westfalen gar nicht mehr zu den grundsätzlich jagdbaren Arten.

Doch völlig unabhängig davon ist das Verhalten des Arzdorfer Bussards mitnichten untypisch. Die Schlagwortsuche nach "Bussard" und "aggressiv" im Internet ergibt eine bunte und vielfach ebenfalls blutige Fallsammlung aus der gesamten Republik. Auch die Untere Landschaftsbehörde beim Rhein-Sieg-Kreis ist von der jüngsten Schilderung aus dem Drachenfelser Ländchen nicht überrascht, wie Rita Lorenz, Pressesprecherin der Kreisverwaltung, bestätigt: "In anderen Gegenden sind während der Brutzeit auch schon Wege gesperrt worden.

Hinweise auf mögliche Gefahren nehmen die kommunalen Ordnungsämter entgegen", so Lorenz. Wegen der warmen Witterung habe die Brut- und Balzzeit in diesem Jahr früher gelegen als sonst: Derzeit befänden sich die Tiere in der sogenannten Bettelflugperiode der elterlichen "Ausbildung", erklärt die Bad Honnefer Falknerin Petra Holz. "Dann machen die Greifvogeleltern das, was alle Eltern machen, wenn man ihren Kindern zu nahe kommt: Sie verteidigen sie und werden unter Umständen auch aggressiv", so die Falknerin.

Werner von Schaaffhausen zieht aus dem Erlebnis noch einen anderen Nutzen: Am Gymnasium Kalvarienberg in Bad Neuenahr kann der Erdkundlehrer seinen Schülern am Tag danach so einiges über Greifvögel erzählen. Und zwar authentisch und handfest.

Was tun, wenn der Bussard angreift?

Attacken von Bussarden, die Menschen zu nah an ihrem Horst wähnen, sind nichts Ungewöhnliches. Das bestätigen nicht nur zahlreiche Medienberichte, sondern auch die Falknerin Petra Holz aus Bad Honnef. Zudem habe die Population von Greifvögeln in der Region in den vergangenen Jahren deutlich sichtbar zugenommen. Wie aber soll man sich verhalten, wenn eine Situation droht, wie sie jetzt der Läufer in Wachtberg erlebte? Dazu Petra Holz: "In der Tat sind Läufer und Radfahrer besonders gefährdet. Sollte ein Bussard angreifen, empfiehlt es sich, das Tempo zu reduzieren und den Kopf gesenkt zu halten. Auf keinen Fall schneller werden, denn das nehmen die Vögel als Bedrohung wahr und werden noch aggressiver".

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