Thema HIV in Troisdorf Ein positiver Test ist kein Todesurteil

TROISDORF · Jan Winter lässt sich testen. Der Sexualpädagoge und Betreiber des Youtube-Kanals "61 Minuten Sex" will seinen Zuschauern erklären, wie ein HIV-Test abläuft und hat sich deshalb in Troisdorf mit dem Team der Aids-Hilfe Rhein-Sieg verabredet.

Die Beratungsstelle bietet gegen freiwillige Spenden - und normalerweise anonym - im Auftrag des Gesundheitsamtes einen Schnelltest an. Wer sich etwa durch ungeschützten Geschlechtsverkehr dem Risiko einer Infektion ausgesetzt hat, kann innerhalb einer knappen Stunde erfahren, ob er möglicherweise HIV-positiv ist. Einzige Voraussetzung: Die Risikosituation muss mindestens zwölf Wochen zurückliegen - denn so lange braucht der Körper, um durch Bildung der im Test nachweisbaren Antikörper auf die Infektion zu reagieren.

"Da ich mich auch privat regelmäßig testen lasse, lag die Aktion nahe", erzählt der Hennefer Jan Winter, dessen Videos zu den Themen Liebe und Sexualität auf Youtube regelmäßig mehrere zehntausend Menschen jeden Alters erreichen. Als er das unscheinbare Ladenlokal in der Hippolytusstraße betritt, wird er freundlich begrüßt: "Sie sind bestimmt für den Test hier", sagt Mitarbeiterin Anka Sobisch, "möchten Sie etwas trinken?"

Wenig später hält sie eine bunte Plastikmappe hin, in der sich ein Fragebogen befindet. Während Winter Angaben zu seiner Gesundheit und seiner sexuellen Vergangenheit macht, erzählt die 54-jährige Anka Sobisch von ihren Aufgaben bei der Aids-Hilfe. "Wenn ich sehe, dass jemand angespannt ist, dann quatsche ich schon mal drauf los und versuche, demjenigen den Druck etwas zu nehmen", sagt sie. Über das Ergebnis des Tests und die Situation der Leute erfahre sie nichts, "außer wenn diejenigen von sich aus erzählen".

Nachdem der Fragebogen ausgefüllt ist, geht es eine Etage höher. Dort öffnet Martin Dohmstreich die Tür und lädt Winter ein, auf dem Sofa seines Büros Platz zu nehmen. "Sie wollen einen Test machen, hatten aber keine Risikosituation", entnimmt der 51-jährige Sozialpädagoge, zugleich Leiter der Beratungsstelle, dem Fragebogen. "Eigentlich habe ich mit Sex sonst nicht viel zu tun", sagt der Youtube-Star nicht ganz ernst. "Ich möchte einfach auf Nummer Sicher gehen." Nach einem kurzen Gespräch erklärt der Berater das weitere Prozedere.

"Oft hatten die Leute schon mal eine Situation, die allerdings Jahre zurückliegt", so Dohmstreich. Der Anlass für den Test, den wöchentlich etwa sechs bis zwölf Personen machten, sei dennoch meist ein konkreter - "etwa ein neuer Partner, weshalb wir auch vom ?Verlobungstest? sprechen".

Ein Zimmer weiter hat Karl Andresen schon alles bereitgelegt. Der ehemalige Intensivpfleger führt seit 2010 ehrenamtlich die Blutabnahme sowie die Auswertung durch. Er piekst Winter in den Mittelfinger und träufelt das Blut auf einen Teststreifen. Sollten darin Antikörper enthalten und der Sexualpädagoge somit HIV-positiv sein, würde dies in den nächsten Minuten auf einem bestimmten Abschnitt des Streifens erkennbar. "Ich hatte schon einige Klienten, die gezittert haben. Da versuche ich dann entspannend einzuwirken, und sage ?Selbst, wenn der Test positiv ausfiele, wäre das aufgrund der heutigen Behandlungsmöglichkeiten noch lange kein Todesurteil", sagt Andresen. Zudem müsse erst ein zweiter Test gemacht und im Labor ausgewertet werden, bevor endgültig Gewissheit herrsche.

Die halbe Stunde Wartezeit nutzt Winter für einen Kaffee und einen Spaziergang. Anschließend wird er wieder ins Büro von Martin Dohmstreich geschickt. "Der Test hat keine Reaktion gezeigt. Damit ist alles ausgeschlossen, was vor zwölf Wochen passiert ist", sagt der Berater. Danach weist er Winter noch einmal auf mögliche Gefahrenquellen hin, und erklärt, wie er sich auch in Zukunft wirksam vor HIV schützen kann.

"Der richtige Umgang mit dem Thema HIV ist enorm wichtig", sagt Jan Winter zum Abschluss. "Ich hoffe, dass ich dazu auch beitragen kann."

Beratung zu HIV und Aids

Anlässlich des 27. Welt-Aids-Tag am Montag, 1. Dezember, weist das Kreisgesundheitsamt auf Beratungsangebote hin. Wer Sorge hat, sich mit HIV oder einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit infiziert zu haben, findet bei der Gesundheitsagentur der Aids-Hilfe Rhein-Sieg Hilfe.

Die Beratung ist anonym, vertraulich und kostenlos. In einem persönlichen Gespräch wird geklärt, ob ein Test sinnvoll ist.

Eine frühe Erkennung der unheilbaren Erkrankung könnte zu einer fast normalen Lebenserwartung führen, sagt Ehring. "Eine späte Diagnose erhöht die Gefahr, dass das Immunsystem einen dauerhaften Schaden nimmt." Über ein Drittel der in NRW positiv getesteten Personen wiesen allerdings bereits ein fortgeschrittenen Immundefekt auf.

Wenn das HI-Virus das Abwehrsystem des Körpers so weit geschwächt hat, dass Infektionen nur schwer bekämpft werden können, wird vom Ausbruch der Krankheit Aids gesprochen. Als Folge können lebensbedrohliche Symptome wie Tumorerkrankungen auftreten. HIV kann nur übertragen werden, wenn es in ausreichender Menge in den Körper oder auf die Schleimhäute gelangt, beispielsweise über Blut, Muttermilch oder Sperma.

Am Welt-Aids-Tag rufen Organisationen und Vereine dazu auf Solidarität mit HIV-Betroffenen zu zeigen. Immer noch gibt es Vorurteile, Berührungsängste und Ausgrenzung aufgrund von Unwissenheit bei dem Thema. Die Aids-Hilfe Rhein-Sieg ist unter Tel. 02241/9799981 erreichbar oder im Internet unter www.aids-hilfe-rhein-sieg.de.

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