Siegfähre in Troisdorf-Bergheim Ein Kellner als "Kapitän"

TROISDORF · Früher dekantierte Gabriel Gojic Wein, heute ist er der Chef auf der Fähre in Bergheim. Sie ist die letzte ihre Art über die Sieg und weist einige Besonderheiten auf.

Die Sonne lacht, und mit ihr lacht auch Gabriel Gojic. Seit zwei Jahren ist er der "Kapitän" der Siegfähre in Troisdorf-Bergheim. Dabei hänge der Fährbetrieb stark vom Wetter ab, erklärt Gojic. So hätten etwa die vielen Regentage im August die Wanderer und Radfahrer von ihren Freiluftaktivitäten abgehalten. "Das war schon ein bisschen schwierig, von diesen Einnahmen zu leben", grummelt Gojic.

Vor 20 Jahren kam er aus Ex-Jugoslawien nach Deutschland. Zuvor war der gelernte Kellner zudem noch in der Schweiz im Kanton Wallis, um im Hotel de France in Leukerbad seine Kellnerfähigkeiten zu verbessern. Tranchieren am Tisch, flambieren oder Weine dekantieren: All das habe er dort noch gelernt.

Dann zog Gojic weiter nach Deutschland in verschiedene Restaurants. Auch heute noch verdient er sein Geld in seinem erlernten Beruf - und zwar im Winter, wenn der Fährbetrieb ruht.

Seine Liebe zur "Schifffahrt" hatte er schon aus Jugoslawien mitgebracht. In seiner Heimat lernte der kleine Gabriel bereits Fähren kennen, die ohne eigenen Antrieb Flüsse überquerten. Und als sich im vergangenen Jahr die Gelegenheit bot, den früheren Fährmann Matthias Merten abzulösen, griff er zu - und ließ sich zunächst halbtägig in den Betrieb der sogenannten Gierfähre einweisen.

Strömung als Antrieb

Allein die Strömung des Flusses treibt diese Art von Fähre an. Quer über den Fluss ist das sogenannte Scharseil gespannt. Darüber läuft eine Rolle, an der wiederum mittels des Giertaus der Fährkahn angebunden ist. Stellt nun der Fährmann mittels Ruder oder - bei Niedrigwasser - mit einer Stak-stange den Fährkahn im richtigen Winkel zur Strömung, entsteht so etwas wie ein Kräfteparallelogramm, über dessen Resultierende der Kahn die Ufer wechselt.

Schon im Jahr 1777 war im Rahmen einer weitläufigen Sieg-Begradigung eine Fähre an den bekannten Platz verlegt worden. Sie wurde als "Berchemer Fahr" von der Fischer-Bruderschaft in Bergheim betrieben. Die heutige "Sankt Adelheid" kann 20 Personen (oder zehn mit Fahrrädern) über die Sieg bringen.

Im Juli, erzählt Gojic, habe er eine nette Sache erlebt. Bei Niedrigwasser wollte ein Radfahrer übersetzen, aber nicht für sein Fahrrad bezahlen (50 Cent). Der Mann entschloss sich, für sich nicht zu bezahlen (auch 50 Cent), ließ gegen Gebühr das Rad hinüberbringen und watete durch den Fluss.

Neue Freunde habe er auch gewonnen, erzählt Gojic - und zwar Enten. 18 Stück habe er mit Toastbrot großgezogen. Und einige der Wasservögel sitzen noch immer gerne mal auf der Fähre und begleiten ihn. "Ich habe immer viel Spaß mit meinen Passagieren", sagt Gojic.

Noch bis Ende Oktober will er den Fährbetrieb aufrecht erhalten. Von 10 bis 20 Uhr fährt er, sonn- und feiertags auch bis 20.30 Uhr. Und im März 2015 geht es wieder los. Dann klingt das Bimm-Bimm einer Glocke am Meindorfer Ufer, wenn es heißt: "Fährmann, hol über".

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