Troisdorf vor 70 Jahren Die Wiederbesiedlung des Heidedörfchens

Troisdorf · Großer Bahnhof auf dem Sandhasenplatz im Troisdorfer Stadtteil Altenrath: Das Lohmarer Blasorchester spielte ebenso auf wie Jagdhornbläser, Mitarbeiter des Bundesforstamtes um Förster Klaus Oehlmann brutzelten Wildschweinsteaks, und für Kinder gab es ein großes buntes Programm von Schminken bis Ponyreiten.

 Blick zurück: 1945 stehen Menschen auf dem ehemaligen Schulhof (heute Jugendtreff) Schlange, um eine Armenspeisung entgegenzunehmen.

Blick zurück: 1945 stehen Menschen auf dem ehemaligen Schulhof (heute Jugendtreff) Schlange, um eine Armenspeisung entgegenzunehmen.

Foto: Tüttenberg

70 Jahre Wiederbesiedlung unter dem Motto "Willkommen in Altenrath" waren dem Ortsbeirat Anlass genug, ein großes Bürgerfest zu feiern. Unter dem Naziregime war Altenrath am 1. Juli 1938 komplett geräumt worden, um es dem Truppenübungsplatz einzuverleiben.

Am 10. April 1945 machten amerikanische Soldaten Schluss mit dem System, und in Altenrath tat sich schnell wieder etwas, so berichtet die Dorfchronik. Allerdings ging es zunächst um das Plündern militärischer Hinterlassenschaften. Das änderte sich dann ab dem 9. Mai 1945.

Damals stellt der von den Allierten für Lohmar und Altenrath eingesetzte Amtsbürgermeister Josef Lagier sogenannte Siedlerscheine aus und weist Menschen in bestimmte Häuser ein. Damit beginnt die Wiederbesiedlung des Heidedörfchens.

Die neuen Bürger, so wurde verfügt, mussten ihre Behausungen indes selbst instandsetzen und für ihre Versorgung selbst sorgen. Das ging Lagier nicht schnell genug, und er drohte allen, die zu langsam waren, mit Ersetzung durch einen anderen Bewerber. Auch ausgesiedelte Altenrather kehren allmählich zurück. Die Wiederbesiedlung geht so schnell, dass bereits an Weihnachten 1945 wieder 850 Menschen im Dorf wohnen.

Und im Frühjahr 1946 begann gleich auch wieder für 116 Kinder der Unterricht in der katholischen Volksschule. Im Mai kam dann zur Unterstützung der Lehrerin Christine Grell ein Lehrer dazu: Es war der damals 29-jährige Josef Schumacher, dessen Wirken auch heute noch dankbar gewürdigt wird. So treiben Altenrather Sport in der Josef-Schumacher-Halle oder feiern dort.

Es waren Zeiten, die sich heute wohl kaum jemand vorstellen kann. Das alte Schulgebäude war überaus desolat, die Kinder brachten ihren eigenen Stuhl mit. Heizung - Fehlanzeige. Bis jemand einen Kohleofen spendierte, dann konnte etwas geheizt werden.

Auf Spenden war auch die Schulspeisung angewiesen. Am 29. April 1949 können die Schüler dann in die neugebaute Volksschule Am Rübkamp einziehen.

Dennoch war die Not noch nicht vollends gelindert. Bis 1952 gab es keine Wasserleitung in Altenrath. Der Versorgung dienten Quellen und Brunnen, soweit diese nicht mit Unrat zugeschüttet und unbrauchbar waren.

Aber weil der Altenrather an sich nicht nur Hunger auf Brot hatte, kam es sehr schnell zur Gründung von Vereinen, um auch den Hunger nach kulturellen Gütern zu stillen. So kam es schon 1946 zur Gründung eines Männerchors und eines Kegelvereins, aus dem sich 1947 schließlich die Karnevalsgesellschaft Altenrather Sandhasen gründete.

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