Kanthari-Institut Lernort für eine bessere Welt

SWISTTAL-MORENHOVEN · Eine vorbereitende Schule in Kenia für Kinder mit schwierigem sozialen Hintergrund, die sonst chancenlos wären. Tanz- und Theaterkurse für liberianische Prostituierte, die sich ein neues Leben aufbauen wollen.

 Austausch im "Kanthari-Institut": Angehende Absolventen der von Sabriye Tenberken gegründeten Schule. FOTOS: PAUL KRONENBERG (2)/AXEL VOGEL

Austausch im "Kanthari-Institut": Angehende Absolventen der von Sabriye Tenberken gegründeten Schule. FOTOS: PAUL KRONENBERG (2)/AXEL VOGEL

Foto: Axel Vogel

Der Kampf von Menschen mit Albinismus gegen den für sie lebensgefährlichen Aberglauben in Ostafrika. Das sind drei von mittlerweile mehr als 80 sozialen Initiativen, die Absolventen des "Kanthari-Instituts" in Südindien initiiert haben. Beschrieben werden diese Projekte allesamt in dem Buch "Die Traumwerkstatt von Kerala. Die Welt verändern - das kann man lernen" von Sabriye Tenberken (44), das gerade im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.

Die in Morenhoven aufgewachsene Autorin hat das Institut gemeinsam mit ihrem niederländischen Lebenspartner Paul Kronenberg (47) gegründet. Die Idee: Menschen, die selbst Krisen durchlebt haben, erhalten das Rüstzeug, um Projekte in ihren Herkunftsländern aufzubauen.

Bekannt wurde Tenberken vor 15 Jahren mit ihrem Buch "Mein Weg führt nach Tibet. Die blinden Kinder von Lhasa". Sie beschreibt darin, wie sie entgegen großer Widerstände mit Kronenberg die erste Blindenschule in Tibet aufbaute. Tenberken kennt die Situation der Kinder aus eigener Anschauung. Durch eine Netzhauterkrankung engte sich ihr Gesichtsfeld immer weiter ein, bis sie im Alter von zwölf Jahren vollständig erblindete. Zunächst besuchte sie die Waldorfschule, dann ein Gymnasium für Blinde und Sehbehinderte in Marburg mit Internat. Nach ihrem Abitur studierte sie Tibetologie.

Ausgehend von den Erfahrungen in der tibetanischen Blindenschule, die mittlerweile von drei ehemaligen Schülern geführt wird, entwickelten Tenberken und Kronenberg die Idee für das "Kanthari-Institut". Ihr Gedanke: Positive Veränderungen nicht nur für Blinde, sondern auch für andere Randgruppen zu ermöglichen. Und das durch Menschen, die selbst unter Diskriminierung gelitten haben oder unter schwierigen Bedingungen groß geworden sind.

"Kanthari" ist eine Chili-Art, die im südindischen Kerala überall wild wächst. Ihre Eigenschaften: Große Widerstandsfähigkeit, sogar gegenüber Dürre und Fluten, harmlos aussehend, scharf und feurig beim Essen. Außerdem werden ihr heilende Eigenschaften nachgesagt. Laut Tenberken wirkt die Schote blutreinigend, schmerzlindernd und senkt den Blutdruck. "Mit Biss und feurigem Engagement sollen auch die ,Kanthari'-Absolventen in der Welt wirken", so Tenberken. Mittlerweile gibt es 117 Absolventen aus 37 Ländern. Wer das Auswahlverfahren erfolgreich durchläuft, erhält ein Stipendium für die siebenmonatige Ausbildung. Finanziert wird das Institut über Spenden.

"Unser Curriculum ist auf Lernen durch Erfahrung ausgerichtet", so Tenberken. Die Studenten kommen aus allen sozialen Schichten, meist aus Afrika oder Asien. Eine bestimmte Schulbildung wird nicht vorausgesetzt. Jeder Student entwickelt ein Projekt, dessen verschiedene Stadien dann am Institut simuliert werden. So lernen die "Kantharis" Fundraising, Projektmanagement, Recherche und den Umgang mit Anträgen. Das Institut arbeitet mit einer Journalistenschule zusammen und simuliert Pressekonferenzen, bei denen die Studenten ihre Projekte verteidigen müssen.

Zum Abschluss der Ausbildung halten die Absolventen eine Rede über ihr Projekt vor etwa 250 Zuschauern. Rupert Neudeck, Mitbegründer von Cap Anamur, nennt Tenberken eine "blinde Seherin". In einer Rezension schreibt er: "Das Buch ist ein Lehrbuch für jeden, der sich aufmacht, mit einer unbeirrbar guten Idee die Welt zu verbessern und sich von niemandem, auch nicht von Experten, Zuständigen oder Professoren, irremachen lässt."

Termine

Sabriye Tenberken hat das "Kanthari-Institut" gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Paul Kronenberg gegründet. Das Paar ist am Freitag zu Gast im LVR-Landesmuseum, Colmantstraße 14-16 in Bonn. Ab 19 Uhr lesen sie für und diskutieren mit den Gästen über ihre Projekte. Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung unter lesung@edpv.de möglich. Am Montag, 28. September, gastieren die Institutsgründer bei einer Lesung im kreaforum Morenhoven, Eichenstraße 3/ Vivatsgasse in Swisttal-Morenhoven. Beginn ist um 18 Uhr. Mehr Informationen unter www.kreaforum.de. Weitere Auskünfte über das "Kanthari-Projekt" sind unter www.kanthari.de zu bekommen, Filme über die Projekte unter www.kanthariplus.org.

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