Verheerende Bakterienerkrankung Auch der Hybrid ist krank

SWISTTAL · Was die Bakterienerkrankung namens Pseudomonas syringae bei Kastanien anrichtet, lässt sich auf der Burg Kriegshoven bei Heimerzheim beobachten. Dort, wo noch vor etwa zehn Jahren 21 Rosskastanien die vordere Einfahrt der vom Landschaftsschutzgesetz geschützten Burgallee säumten, stehen nur noch zehn Bäume.

 Christoph Dirksen (v.l.n.r.) und Ingo Drautzburg schauen sich die Hybriden von Matthias Simon in Ollheim an, in der Hoffnung, eine gegen Pseudonomas syringae resistente Baumart gefunden zu haben.

Christoph Dirksen (v.l.n.r.) und Ingo Drautzburg schauen sich die Hybriden von Matthias Simon in Ollheim an, in der Hoffnung, eine gegen Pseudonomas syringae resistente Baumart gefunden zu haben.

Foto: Axel Vogel

Aber auch die verbliebenen sind aus Sicht von Burgherr Friedrich von Scherenberg "krank".

Kein Einzelfall in der Region und in NRW, sagt Christoph Dirksen, Geschäftsführer der renommierten Baumschule Ley aus Meckenheim. Darum ließ den Geschäftsführer unlängst ein Anruf des ehemaligen Ollheimer Ortsvorstehers Matthias Simon aufhorchen: Der glaubte, eine resistente Kastanienart gefunden zu haben, einen Hybriden, der auch noch in seinem Garten wächst. Dirksen und sein Verkaufsspezialist für Deutschland und Luxemburg, Ingo Drautzburg, nahmen den Baum unlängst unter die Lupe.

Fachmann Dirksen weiß um den Ernst der Situation, was die Rosskastanien in NRW angeht: "Hier sind sehr viele Bäume erkrankt, die meisten von ihnen sterben ab." So schlimm sei die Lage, dass sein Unternehmen die Kastanie auch Kunden nicht mehr zum Verkauf empfehlen könne. Alternativ suche man nach vergleichbaren Bäumen wie dem chinesischen Blasenbaum und hoffe, dass sich hybride Kastaniensorten entwickeln, die gesund bleiben, so Dirksen.

Von daher interessierte ihn der Anruf von Matthias Simon, zumal der etwas von Bäumen versteht. Simon engagiert sich als Aktivist für Umweltschutzziele, etwa für den Verein "Rettet die Bäume und Biotope". Zuvor kannte sich der Mann als langjähriger Landschaftsarchitekt und Städtebauer bei der Stadt Bonn bereits von Berufswegen mit Eiche, Buche und Co aus. Und so treibt den Ollheimer seit geraumer Zeit die Sorge um jenen Baum um, der ein Stück deutsche Lebensart und Kultur verkörpert und auch aus Swisttal und Umgebung nicht mehr wegzudenken ist.

Also war Simon vor wenigen Wochen guter Hoffnung, eine resistente Kastanienart gefunden zu haben, die der Bakterienerkrankung trotzen könnte. Vor etwa 20 Jahren hatte er den Sämling einer gelb-rot-blühenden Kastanie, vermutlich ein aus Nordamerika stammender Hybrid, in einer dendrologischen Sammlung gefunden und in seinen Garten gepflanzt. Dort wuchs der Findling zu einem stattlichen Baum von rund zehn Metern Höhe heran. Da diese Kastanie aus Simons Wahrnehmung bislang keine Krankheitssymptome zeigte, informierte er Dirksen.Doch die Hoffnung zerschlug sich, als sich die Baumfachleute den Hybrid bei einem Ortstermin in Simons Garten näher begutachteten. Rasch stand für Dirksen fest: "Auch diese Kastanie leidet bereits unter Pseudomonas syringae." Das verriet ihm der schwarz-bräunliche Schleim, der aus der Rinde austrat. Zudem entdeckten Dirksen und Drautzburg verfärbte Astpartien - ebenfalls ein Symptom der gefürchteten Bakterienerkrankung.

Trotzdem war Dirksen froh über Simons Hinweis: "Wir müssen die verbliebenen Kastanienbäume einfach weiter beobachten und hoffen, dass ein Hybrid entdeckt wird, der gesund bleibt." Das habe man schon einmal bei einem anderen deutschen Kulturbaum, der Ulme, erlebt, sagt Dirksen. Durch eine von dem Ulmensplintkäfer verbreitete Pilzerkrankung sei der Baum auch hierzulande in den 70er Jahren aus dem öffentlichen Erscheinungsbild weitgehend verschwunden. Inzwischen gibt es laut Dirksen aber wieder resistente Bestände und die Ulme erlebe in Deutschland eine Art Wiedergeburt. Daher rät er, was das Schicksal der Kastanie angeht, zur Geduld: "Das ist auf jeden Fall ein längerer Prozess."

Den wird auch Friedrich von Scherenberg nach einer genaueren Untersuchung seiner vorderen Allee einkalkulieren müssen: "Der Befall konnte labortechnisch nachgewiesen werden. 100 Prozent der Bäume sind befallen". Empfehlung: die Fällung der Bäume.

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