Gespräch am Wochenende Otto Althausen über die Swisttaler Burgenfahrt
Swisttal · Es ist ein ungewöhnlicher Club, dem der Oberdreeser Otto Althausen vorsteht. Die Mitglieder wohnen zwar weit verstreut voneinander entfernt. Aber wenn sie sich treffen, dann ist das ein Ereignis. So wie an diesem Wochenende die sechste Auflage der Swisttaler Burgenfahrt, zu der der Club die Fahrer von Traditionsgespannen aus ganz Deutschland eingeladen hat. Mit Althausen sprach Hans-Peter Fuß.
Was ist ein Traditionsgespann?
Otto Althausen: Das sind Gespanne, die mindestens 70 Jahre alt sind. Die meisten Kutschen, die am Wochenende bei der Burgenfahrt dabei sind, sind um 1900 gebaut worden.
Welche Arten von historischen Kutschen gibt es?
Althausen: Die erste Sparte sind die Selbstfahrer, mit denen der Herr oder die Dame früher sonntags in vornehmer Kleidung zum Flanieren ausfuhr. Die zweite Sparte bilden die Beförderungskutschen, die von einem Kutscher gesteuert wurden. Das waren Landauer, Mylords und Coupés. Die dritte Sparte sind Naturholzwagen aus der Landanspannung, mit denen früher die Ernte vom Feld oder die Jagdbeute transportiert wurde. Oder man lud den Wagen voll Gemüse und fuhr zum Bonner Markt, um es dort zu verkaufen. Auch die Landärzte absolvierten ihre Hausbesuche mit der Kutsche.
Wer besaß solche Kutschen?
Althausen: Das waren vorwiegend Adelige, Gutsherren, Industrielle und andere wohlhabende Menschen.
Wann wurden die Kutschen genutzt?
Althausen: Beispielsweise für die Fahrt zum Bahnhof. Um 1850 war das Schienennetz ja schon gut ausgebaut. Die Kutschen waren die Taxis des 19. Jahrhunderts. Oder man unternahm eine Spazierfahrt und zeigte seine neue Kleidung.
Wie kleideten sich die feinen Herren und Damen?
Althausen: Der Herr trug einen grauen Zylinder oder eine Melone, dazu ein Jackett. Die Dame trug einen leichten Hut, Handschuhe und eine Decke. Die Teilnehmer der Burgenfahrt werden auch in historischer Kleidung der Jahre um 1900 fahren.
Was kostet eine alte Kutsche heute?
Althausen: Die Spanne reicht von ein paar 1000 Euro bis zu 50 000 Euro. Je nach Alter und Zustand.
Welchen Rang hatte der Kutscher in einem Gutshof?
Althausen: Einen hohen. Er verdiente 180 Mark im Jahr. Eine Dienstmagd kam nur auf zwölf Mark. Der Kutscher trug einen schwarzen Zylinder, nach Möglichkeit einen Rauschebart mit Zwirbel, einen zweiteilig geknöpften Fahrmantel, eine Rehlederhose und schwarze Stiefel. Er war auch für den Beschlag der Pferde und die Pflege der Kutschen verantwortlich.
Welche Kutsche fahren Sie?
Althausen: Ich habe gar keine historische Kutsche. Ich habe einen relativ neuen Trainingswagen.
Wie viel Zeit stecken Sie in Ihr Hobby?
Althausen: Ich fahre drei bis vier Mal in der Woche etwa zehn Kilometer aus. Allein deshalb, damit die Pferde im Training bleiben. Wenn sie gut trainiert sind, macht den Tieren auch eine 25 Kilometer lange Fahrt nichts aus. Dazu kommt noch das Training auf dem Fahrplatz in Oberdrees.
Und wie viel Arbeit kostet die Restaurierung einer alten Kutsche?
Althausen: Das kommt natürlich auf den Zustand an. Das können aber mal gut und gerne 200 bis 300 Stunden sein.
Gibt es denn noch genügend Ersatzteile?
Althausen: Ja. Bei Firmen, die sich auf diese Sparte spezialisiert haben.
Kann sich jeder Pferdefreund auf den Kutschbock setzen und losfahren?
Althausen: Rechtlich ja. Bis ein Unfall passiert. Dann geht es um die Haftung. Deshalb empfehlen wir, das Deutsche Fahrabzeichen, eine Art Führerschein, zu machen.
Worauf muss der Fahrer achten?
Althausen: Er muss das Gespann sicher führen, Rücksicht auf Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer nehmen und die Pferde schonen.
Wie führen Sie die Pferde?
Althausen: Mit der Leine. Manchmal genügt ein kleiner Ruck. Mit der Peitsche geben wir kleine Hilfen. Sie ist nicht zum Schlagen da. Und natürlich auch mit der Stimme.
Was fasziniert Sie am Fahrsport?
Althausen: Es ist toll zu spüren, wie Mensch und Tier ein Team werden, wenn das Tier die Ansprache des Menschen versteht.