Nach Jahrhunderthochwasser in Heimerzheim "Es hätte zur Katastrophe führen können"

SWISTTAL · Vor 30 Jahren kam es zum zweiten Jahrhunderthochwasser in Heimerzheim. Die Interessengemeinschaft erreichte viele Verbesserungen.

 Am 31. Mai 1984 überflutete die Swist den Heimerzheimer Ortskern, wo Pumpwagen eingesetzt wurden. Repro: GA

Am 31. Mai 1984 überflutete die Swist den Heimerzheimer Ortskern, wo Pumpwagen eingesetzt wurden. Repro: GA

23 Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser von 1961 schwappte am 31. Mai 1984 wieder eine Flutwelle durch Heimerzheim. Dabei hatte man gedacht, durch die Begradigung und die Tieferlegung des Swistbettes in den 60er Jahren ein solches Hochwasser verhindern zu können.

Doch nach starkem Regen schwoll der Bach plötzlich an. Wie 1961 wurden nicht nur Vorgärten und Keller, sondern auch Wohnungen überflutet. An der Quellenstraße existierte 1961 noch natürlicher Überflutungsraum. Doch die Weiden waren inzwischen bebaut.

Wie sich Georg Schmidberger vom Arbeitskreis Heimat erinnert, hatten viele Anwohner der Quellenstraße ihre Keller zu Wohnräumen ausgebaut. Das Hochwasser erreichte sogar die Kölner Straße. So pumpte ein Tankwagen Heizöl aus einem geborstenen Tank in einem Keller.

Die Schäden wurden auf etwa zwei Millionen Mark beziffert. Bereits einige Tage später bildete sich eine Interessengemeinschaft betroffener Bürger. Ziel war es, die Ohnmacht gegenüber Behörden und Talsperrenbetreiber zu überwinden und Verbesserungen zu erreichen.

Sie gab sich den Namen "Interessengemeinschaft der Hochwassergeschädigten Swisttals" (IdHS). Bald stellten sich laut Schmidberger Parallelen zum Hochwasser von 1961 dar. Damals sei es zur Flutwelle gekommen, als durch das zusätzliche Öffnen des Grundventils der übervollen Steinbachtalsperre der Bachpegel in Heimerzheim innerhalb von zwei Stunden um zwei Meter angestiegen sei.

Schmidberger weiter: "Damals war bereits der Staudamm der im Jahre 1934 gebauten Steinbachtalsperre instabil und ließ sehr viel Sickerwasser durch. Er hätte brechen können. 1984 war nach den Regenfällen wie 1961 die Talsperre randvoll, sodass sie bereits überlief." Dann kletterte der Pegel in einer Stunde in Heimerzheim um 85 Zentimeter. Dieser enorme Wasseranstieg erinnerte fatal an 1961. Die Vermutung lag nahe, so Schmidberger, dass auch jetzt das Grundventil der Talsperre zusätzlich geöffnet worden war. Erst 1986 sei herausgekommen, dass der Damm der Sperre marode gewesen sei, wie man es schon 1961 erkannt habe.

Schmidberger: "Ein Bruch des Dammes hätte zur Katastrophe führen können, wie sie sich 1985 im Südtiroler Stavatal mit 268 Opfern ereignet hat. Das Eingeständnis, den Auftrag zum Öffnen des Grundventils erteilt zu haben, hätte ein juristisches Verfahren um Schadenersatz nach sich gezogen." Auch der IdHS sei es nicht gelungen, einen gerichtsfesten Beweis für das Öffnen des Grundventils durch den Talsperrenwärter zu erbringen.

Wenige Wochen nach dem Hochwasser wurde der Wasserspiegel der Steinbachtalsperre um mehrere Meter gesenkt. Die marode Staumauer der Sperre wurde 1988 für mehr als zehn Millionen Mark saniert und mit einer automatischen Pegelmessung und neuen Ablassvorrichtungen versehen. Heute hat die Talsperre eine Hochwasserschutzfunktion.

Die treibende Kraft im Bemühen um die Aufarbeitung des Hochwassers von 1984 war der im Jahr 2000 verstorbene Peter Niemann. Er und seine Mitstreiter setzten Verbesserungen durch: Sanierung der Steinbachtalsperre, Beseitigung der Mängel im Heimerzheimer Kanalsystem, Einbau von Schiebern, Pumpen und druckdichten Kanaldeckeln, Erhöhung der stauenden Holzbrücke an der Quellenstraße, neues Kanalkonzept für das Heimerzheimer Unterdorf, Hochwasserstaufläche südlich der B 56 bei Miel.

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