Interview mit Daniel Roßkothen "Ein früher Beginn ist günstig"

SWISTTAL-ODENDORF · In Zeiten klammer kommunaler Kassen machen immer mehr Bäder dicht. Die Folge: Immer mehr Kinder können nicht schwimmen. Die Kita "Villa Kunterbunt" in Swisttal-Odendorf geht andere Wege: Sie bietet einen Kursus "Wassergewöhnung und -bewältigung" an, den Erzieher Daniel Roßkothen federführend leitet - ein in der Region einzigartiges Angebot.

 Im Kindergarten in Odendorf bietet Erzieher Daniel Roßkothen für die Kita-Kinder einen ungewöhnlichen Wasserkursus an.

Im Kindergarten in Odendorf bietet Erzieher Daniel Roßkothen für die Kita-Kinder einen ungewöhnlichen Wasserkursus an.

Foto: Wolfgang Henry

Die vier bis sechs Jahre alten Kita-Kinder können im Rheinbacher Monte Mare sogar die Seepferdchenprüfung machen. Mit dem 39 Jahre alten Erzieher sprach Mario Quadt.

Warum fangen Sie so früh an? Sind die Kinder mit vier bis sechs Jahren nicht noch zu klein?
Daniel Roßkothen: Nein. Je jünger sie sind, desto weniger Scheu haben sie vor dem Wasser. Das ist erklärbar: Sie haben in dem Alter sehr selten schlechte Erfahrungen damit gehabt. Die Erfahrung zeigt, dass ein möglichst früher Beginn sehr günstig ist.

Mit welchen Übungen gewöhnen Sie die jungen Teilnehmer ans nasse Element, das bekanntlich keine Balken hat?
Roßkothen: Wir fangen erst mal trocken mit Theorie an. Das heißt: Wir besprechen zunächst einmal die Baderegeln - auf spielerische Art und Weise. Die ersten Male im Wasser stehen unter dem Motto: Planschen und sich ans Wasser gewöhnen. Die Freiwilligkeit ist dabei immer die Grundvoraussetzung.

Wie schaffen Sie es, dass Ihre Botschaften bei den Kindergartenkindern ankommen?
Roßkothen: Am wichtigsten ist es, dass die Kinder mit Spaß und Begeisterung teilnehmen. So kommt die Botschaft so gut wie von selbst bei den Kindern an. Es gibt unterschiedliche Spielformen. Am besten ist, wenn die Kinder unbewusst lernen. Wir haben beispielsweise eine Übung, bei der sie unbewusst auf spielerische Art und Weise das Ausatmen üben - unter Wasser. Wir gehen aber ganz individuell vor: Einige gehen anfangs nur bis zu den Fußknöcheln ins Wasser, andere springen direkt rein. Wir merken schon, wenn Eltern mit ihren Kindern bereits beim Babyschwimmen waren oder ab und an mit ihnen ins Schwimmbad gehen. Bei Kindern, bei denen das nicht der Fall ist, kann es sogar in seltenen Fällen sein, dass sie Angst davor haben, sich unter die Dusche zu stellen, weil die Kinder beispielsweise zu Hause nur baden.

Wie gewöhnen Sie denn den Kindern ihre Angst vor dem Wasser ab?
Roßkothen: Mit ganz unterschiedlichen Spielformen. Das klappt ganz gut. Es gibt etwa ein Spiel, bei dem sie Tischtennisbälle über die Wasseroberfläche pusten müssen. Dabei merken sie dann gar nicht, dass sie bis zur Hüfte im Wasser stehen. Wir nutzen Schwimmbretter oder Nudeln. Oft reicht es den Kindern auch schon, wenn jemand mit ins Wasser geht. Wir gehen ohne Schwimmflügel ins Nichtschwimmerbecken - es sei denn, es sind total ängstliche Kinder dabei. Viele denken nämlich, dass sie schon schwimmen können, wenn sie sich mit Flügeln im Wasser bewegen. Doch das ist ein Trugschluss, denn die Kinder bekommen durch die Schwimmflügel immer Auftrieb. So ist es keine reelle Wassererfahrung und mit Schwimmflügeln sind eine Vielzahl der Übungen nicht möglich.

Apropos Wassererfahrung: Es hat den Anschein, dass immer mehr Kinder gar nicht schwimmen können. Worauf führen Sie das zurück?
Roßkothen: Die Eltern müssen heute viel arbeiten gehen. Die Eintrittspreise sind oft auch nicht gerade günstig. Aus diesem Grund sind wir dankbar, dass uns unser Bad in Rheinbach einen günstigen Eintrittspreis anbietet.

Wie gelingt Ihnen der Schritt vom spielerischen Umgang zu den eigentlichen Schwimmbewegungen?
Roßkothen: Es gibt da keinen Unterschied. In spielerischer Art und Weise üben die Kinder das Atmen, Tauchen, Auftreiben, Gleiten und das sichere Springen ins Wasser. Das sind die fünf Teilziele, die wir zu vermitteln versuchen. Und die Kinder denken, es wäre ein tolles Spiel. Etwa, sich mit einem Schwimmbrett vom Beckenrand abzustoßen und zu gucken, wer am weitesten kommt. Oder das "Ringe raustauchen" steht bei den Kindern auf der Beliebtheitsliste ganz oben.

Und am Ende dürfen sie sich das Seepferdchenabzeichen auf Badeanzug oder -hose nähen lassen, wenn sie die Prüfung geschafft haben...
Roßkothen: Wobei ich stets betone, dass die Kinder dann nicht wirklich schwimmen können, sie können sich eine kurze Zeit über Wasser halten. Ich rate den Eltern darum, die Kinder trotz des Seepferdchens nicht unbeaufsichtigt ins Wasser zu lassen. Wir sind allen Eltern dankbar, die privat mit ihren Kindern üben oder sie dann bei Interesse in einem Verein anmelden. Vor etwa einem Jahr hatten wir einen Jungen, der sich anfangs nicht so leicht tat, dann aber doch noch sein Seepferdchenabzeichen und Bronzeabzeichen gemacht hat und jetzt regelmäßig in einem Schwimmverein schwimmen geht.

Zur Person

Daniel Roßkothen (39) ist als Erzieher in der Elterninitiative Kita "Villa Kunterbunt" in Odendorf tätig. Das Thema Bewegung in all seinen Facetten ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. In seiner Freizeit fährt er Skatebord oder führt seinen pechschwarzen Deutschen Schäferhund Anubis aus.

Nach einer Fortbildung bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hatte er vor drei Jahren die Idee, den Kursus "Wassergewöhnung und -bewältigung" für die Kita-Kinder anzubieten. Und das Angebot ist auch eine Art "Verkehrserziehung". Schließlich geht's mit Bus und Bahn nach Rheinbach.

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