Gewerbepolitik in Swisttal Die Kunden haben es in der Hand

SWISTTAL-HEIMERZHEIM · Der prominente Gast, NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin, war zwar wegen eines Trauerfalls in der Familie verhindert, aber auch ohne ihn entwickelte sich die Podiumsdiskussion der Swisttaler SPD über Gewerbepolitik im ländlichen Raum am Freitag Nachmittag im Heimerzheimer Hotel Weidenbrück zu einer munteren Debatte.

 Neue Märkte in Heimerzheim: Der Gewerbeverein sieht sie kritisch. Unter anderem, weil sie für Senioren schwer erreichbar seien.

Neue Märkte in Heimerzheim: Der Gewerbeverein sieht sie kritisch. Unter anderem, weil sie für Senioren schwer erreichbar seien.

Foto: Wolfgang Henry

Denn das Thema Einkaufen geht jeden an, sei es als Geschäftsmann oder Kunde. So folgten etwa 50 Gäste der Einladung, die unter dem Motto "Starke Ränder - öde Dorfkerne?" stand.

Der Rheinbacher SPD-Vorsitzende Folke große Deters leitete die Diskussion, an der Landratskandidat Dietmar Tendler, Markus Tilgner vom Bürgerverein "Wir für Swisttal", IHK-Sprecher Michael Pieck, Bürgermeisterkandidatin Gisela Hein und Hans-Peter Kröger vom Gewerbeverein Swisttal teilnahmen.

Sie alle waren sich einig, dass die Bürger als Kunden es auch selbst in der Hand hätten, gegen die drohende Verödung der Dorfkerne etwas zu unternehmen. Nämlich durch die Entscheidung, wo sie einkaufen: beim Discounter auf der grünen Wiese oder im Fachgeschäft im Ortskern.

Tilgner beschrieb die Schwierigkeit, Geschäfte in den Ortskernen zu halten oder anzusiedeln, denn dort sei das Planen und Bauen in der Regel teurer als an den Ortsrändern. Er riet zur Vorsicht bei der Ausweisung von Gewerbeflächen an den Rändern, denn diese Entscheidungen seien irreversibel. Wenn die Geschäfte im Kern einmal geschlossen seien, seien diese Bereiche kaum noch zu beleben.

So gebe es aktuell in Odendorf Befürchtungen, Kunden an den Discounter am Ortsrand zu verlieren. Tilgner: "Die Märkte an den Rändern saugen Kaufkraft ab, sind aber immer noch besser als gar keine Einkaufsmöglichkeit." Die neuen Zentren an den Rändern mit den Zentren in den Orten durch gute Verkehrsverbindungen zu verknüpfen, dazu riet IHK-Fachmann Pieck.

Auf dieser Basis sollten die Kommunen den Dialog mit den Firmen suchen, denn, so Pieck: "Als reine Wohnkommune werden Sie im Wettbewerb abgehängt. Sie müssen die Nahversorgung sicherstellen, sonst wandern die Kunden ab." Dem zunehmenden Online-Handel könne man mit kompetenter Beratung und gutem Service begegnen.

Kröger bewertete die geplante Ansiedlung eines Discounters am Rand von Buschhoven kritisch, bereits die neuen Märkte in Heimerzheim habe der Gewerbeverein kritisch betrachtet: "Da kommen Senioren wegen der Entfernung zum Ortskern nicht mehr hin." Er sprach sich für Vollsortimenter in den Ortskernen aus, die müssten dann aber auch von den Bürgern angenommen werden. Kröger merkte aber auch an, dass von der Gewerbeseite mehr getan werden könne. Die Rückmeldungen auf die für den 1. Juni geplante Gewerbeschau am Schloss Miel seien zum Beispiel recht spärlich.

Aus Gesprächen mit Gewerbetreibenden habe sie erfahren, so Gisela Hein, dass diese sich von der Gemeinde vernachlässigt fühlten. So hätten sich Geschäftsleute über den Ordnungsdienst beschwert, der zu schnell Knöllchen verteile und so Kunden vergraule. Sie regte an, es auch mal bei Ermahnungen für zu lange parkende Autofahrer zu belassen. Und sie möchte bei künftigen Ortskernplanungen die Bewohner der Ortskerne mitreden lassen.

Kritisch merkte Hein an, die zentrale Odinstraße in Odendorf sei mit ihren Leerständen dabei "zu verwahrlosen", und das Gewerbegebiet Odendorf sei auch nicht einladend. Abschließend sagte IHK-Mann Pieck: "Um auch in zehn bis 15 Jahren noch zentrumsnah einkaufen zu können, müssen wir heute die Weichen stellen." Ein Weg könne sein, dass mehr Unternehmer den Weg in die Politik beschritten sowie die planerische Zusammenarbeit über kommunale Grenzen und den eigenen Kirchturm hinweg.

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