Interview mit Norbert Eckschlag Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbandes spricht über die Liberalisierungspläne der EU

Die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung beschäftigt aktuell die Kommunalpolitik in Siegburg und Hennef. Dass die Pläne der EU Auswirkungen auf die regionale Trinkwasserversorgung haben, ist jedoch nicht abzusehen. Norbert Eckschlag, Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbandes (WTV), spricht darüber im GA-Interview.

 WTV-Geschäftsführer Norbert Eckschlag an der Wahnbachtalsperre in Siegburg.

WTV-Geschäftsführer Norbert Eckschlag an der Wahnbachtalsperre in Siegburg.

Foto: Holger Arndt

In Kommunen wie Hennef oder Siegburg macht man sich Sorgen wegen der EU-Pläne zur Liberalisierung des Trinkwassermarktes. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Norbert Eckschlag: Ich verstehe, dass die Leute das bewegt. Die Diskussion zeigt, dass sie eine starke Bindung zu ihrem Trinkwasser haben. Ich sehe das auch so: Wasser sollte immer starken Bezug zur Region haben. Von den Plänen auf EU-Ebene wären wir als rein öffentliches-kommunales Unternehmen aber zum jetzigen Stand nicht betroffen.

Warum?
Eckschlag: Wir wirtschaften nur in unserem Verbandsgebiet und haben keine private Beteiligung. Damit würde die geplante europaweite Ausschreibungsverpflichtung für uns nicht gelten. Auch regeln wir seit dem Jahreswechsel unsere Betriebsführung wieder selbst, das haben vorher die Stadtwerke Bonn gemacht. Hätten wir das fortgesetzt, hätten uns die Pläne der EU wohl eher tangiert.

Also müssten sich eher die Kommunen Gedanken machen?
Eckschlag: Nur dann, wenn die örtliche Versorgung durch einen privaten Dienstleister sichergestellt wird. Bei dieser Konstellation müssten die Städte künftig EU-weit ausschreiben.

Wie könnten sie das umgehen?
Eckschlag: Indem sie Stadtwasserwerke gründen und auch selber betreiben. Wir stellen als WTV das Wasser zur Verfügung, aber die Verteilung müsste durch ein echtes Stadtwasserwerk mit eigenen Mitarbeitern erfolgen, nicht durch private Dienstleister.

Woher käme denn das Wasser, wenn Kommunen künftig mit Dienstleistern von auswärts - zum Beispiel aus Frankreich - zusammenarbeiten würden?
Eckschlag: Das käme weiterhin aus unserer Wahnbachtalsperre. Man würde dann schon die vorhandene Infrastruktur nutzen. Wasser kann man in den Netzen nicht einfach durchleiten wie Strom oder Gas. Gäbe es dann also beispielsweise einen französischen Anbieter, der in einer Kommune das preisgünstigste Angebot abgegeben hat, geben wir ihm das Wasser weiter.

Dann würde sich doch an der Wasserqualität nichts ändern, oder?
Eckschlag: Das kann man so pauschal nicht sagen. Natürlich werden wir weiter Aufwand betreiben, bei der Gewinnung oder Aufbereitung des Wassers - oder indem wir Landwirte im Einzugsgebiet bei einer gewässerschonenden Landwirtschaft unterstützen. Aber man muss ja immer sehen, dass das Wasser auf den letzten Kilometern noch in den Stadtnetzen verteilt werden muss. Da ist es nicht unerheblich, wie es um Technik und Sauberkeit der Leitungen bestellt ist, wie mit Wartung, Rohrbruch oder dem Management umgegangen wird. Deshalb haben die Dienstleister vor Ort Anteil an der Wasserqualität.

Mit wem arbeiten sie da bislang zusammen?
Eckschlag: Da haben wir eine ganze Palette von Partnern - von den Stadtwerken Bonn über Privatunternehmen und Gemeindewasserwerken bis hin zu kleinen, ehrenamtlich getragenen Wasserleitungsvereinen.

Apropos Stadtwerke Bonn. Warum haben Sie sich die Betriebsführung von dort zurückgeholt?
Eckschlag: Wir hatten die Betriebsführung 2004 für 20 Jahre nach Bonn ausgelagert, dafür gab es eine pauschale Preisvereinbarung. Wir wurden uns nicht einig, ob man die so fortführen will oder anpasst. Die Stadtwerke hatten gewisse Nachforderungen. Der WTV war nicht bereit, die zu erfüllen. Bei einem Schiedsverfahren haben wir uns geeinigt, diese Form der Zusammenarbeit Ende 2012 zu beenden. Unterm Strich hat es sich nicht gelohnt. Jetzt ist alles wieder bei uns in einer Hand.

2008 wurde die Außenhaut der Staumauer der Wahnbachtalsperre saniert. Stehen noch größere Baumaßnahmen an?
Eckschlag: Das Landeswassergesetz verpflichtet uns zu einer sogenannten vertiefenden Überprüfung, die in zehnjährigem Abstand mit externen Sachverständigen durchzuführen ist. Aktuell überprüfen wir die Statik des Dammbauwerks, die Rohrleitungen, Armaturen und Notverschlüsse. Der Schiefer im Untergrund hat an der Nahtstelle zur Staumauer Klüfte und Risse, dadurch wird Wasser unter dem Damm durchgepresst. Das muss abgedichtet werden. An der Nahtstelle werden Bohrungen bis 30 Meter tief durchgeführt, darüber wird Zementmilch eingepresst. Bis alles fertig ist, vergehen noch einige Jahre. Danach müsste aber wieder für 50 Jahre Ruhe sein.

Müssen die Rohre, die ja weit bis ins Linksrheinische reichen, eigentlich nicht erneuert werden?
Eckschlag: Es handelt sich um geschweißte Stahlrohre, die von innen wie außen geschützt sind und einen sogenannten kathodischen Korrosionsschutz haben. Wir sind ganz sicher, dass diese Leitungen mehr als 100 Jahre halten. Wenn die kaputt gehen würden, hätten wir natürlich ein Problem. Die Leitungen wurden in den 50er Jahren unter der grünen Wiese verlegt, das ist heute alles bebaut. Das ist in Sankt Augustin nicht anders als in Meckenheim oder Rheinbach. Deshalb ist es uns ganz wichtig, die Leitungen so zu pflegen, dass sie nicht korrodieren.

Zur Person
Norbert Eckschlag (59) stammt aus Bochum und ist von Hause aus Bauingenieur. Seit 2001 ist er Geschäftsführer des Wahnbachtalsperrenverbandes. Eckschlag ist verheiratet, hat drei Kinder und zwei Enkel und lebt in Siegburg.

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