Kindergarten in Eudenbach Zeit für Entspannung

RHEIN-SIEG-KREIS · André darf als Erster den Deckel der geheimnisvollen Truhe öffnen. Vorsichtig, ohne hineinzusehen, zieht er einen blau-glitzernden Hut hinaus. Greta zaubert die passende Jacke aus der roten Kiste, Johanna einen Ball, der sich als Clownsnase entpuppt.

 Max und Greta bei der Clownsmassage im Eudenbacher Kindergarten Sonnenschein.

Max und Greta bei der Clownsmassage im Eudenbacher Kindergarten Sonnenschein.

Foto: FRANK HOMANN

Erzieherin Simone Germscheid braucht nicht viele Worte, um die Mädchen und Jungen zu einer Massage zu animieren. Sie legen sich hin, schließen die Augen und lassen abwechselnd den Pinsel über Gesicht und Körper des anderen wandern. Es ist Zeit für Entspannung im Eudenbacher Fröbel-Kindergarten Sonnenschein.

Die Fantasiereise am Mittwoch ist neu. Sie ist eine von vielen kleinen Veränderungen, die der Kindergarten auf seinem Weg hin zur gesundheitsfördernden Kita vorgenommen hat. Damit ist er nicht alleine. 45 Kindergärten aus dem Rhein-Sieg-Kreis nehmen teil am Projekt "Kita vital", mit dem der Verein kivi vor vier Jahren gestartet ist. 24 dieser Einrichtungen tragen inzwischen das Zertifikat "Kita vital" - und sind damit als Kita ausgewiesen, die besonderes Augenmerk auf Bewegung, Ernährung und Stress legt und so die Gesundheit ihrer Kinder, aber auch ihrer Mitarbeiter fördert. "Alle Kitas sind noch mit dabei", sagt Yasmin Gross, Projektreferentin bei kivi. Für die Einrichtungen der ersten Stunde beginne derzeit die Nachzertifizierung.

"Uns ist es wichtig, nachhaltige Strukturen zu schaffen", sagt Yasmin Gross. Daher gehen sie und ihre Kollegen in die Kindergärten hinein, überlegen gemeinsam mit dem Team, was man verändern kann - und bleiben Ansprechpartner. So verfahren sie auch bei den Projekten "Tut mir gut", "Gut drauf" und "Job vital" in Schulen, Bildungseinrichtungen und Vereinen. "Die Ideen kommen aus den Einrichtungen selbst, wir geben nur Impulse", betont Gross. Sie begleite die Teams über Schulungen, Workshops und Beratungen beim Veränderungsprozess. Und sie gibt ihnen 60 Qualitätsstandards als Leitfaden an die Hand.

Über einen anderen Kindergarten ist Annika Unganz, Leiterin der Kita Sonnenschein, auf das Projekt "Kita vital" aufmerksam geworden und hat sich um die Aufnahme beworben. Seit vorigem Sommer ist die Kita Teil des Projekts. In einem ersten Schritt hat Yasmin Gross dem Sonnenschein-Team erläutert, wofür "Kita vital" steht und wie wichtig Gesundheitsförderung ist. Gemeinsam haben sie den Ist-Stand der Einrichtung, die derzeit 43 Zwei- bis Sechsjährige betreut, ermittelt und einen Handlungsablauf entwickelt.

In der Folge hatten Annika Unganz und ihr Team erste Veränderungen vorgenommen. "Wir haben unseren Speiseplan überarbeitet", sagt die Kita-Leiterin. So backen die "Sonnenscheine" in Eudenbach jeden Tag selbst ihr Brot. Den Fruchtjoghurt haben sie sukzessive durch Naturjoghurt ersetzt. Und wenn ein Kind Geburtstag hat, feiern sie das nicht mehr mit Kuchen, sondern mit Obst und Gemüse. "Die Eltern nehmen die Veränderungen gut an", sagt Unganz. "Sie freuen sich darüber, dass ihre Kinder in der Kita Dinge essen, die sie zu Hause verschmähen."

Einzig beim Geburtstagskuchen habe es Einwände gegeben. "Die Kinder hingegen vermissen die süßen Leckereien nicht", so Unganz, die derzeit einen Ernährungs-Workshop für Eltern vorbereitet. Den früheren Materialraum haben die Erzieherinnen zu einem Personalraum umgestaltet und so einen Rückzugsort geschaffen. "Es ist wichtig, dass auch die Erzieher an ihre Gesundheit denken", betont Yasmin Gross. "Denn nur wer selbst gesund ist, kann Gesundheit vermitteln."

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