Besondere Führungen im Siegburger Stadtmuseum Wissenswertes für Menschen mit Demenz

SIEGBURG · Das Stadtmuseum bietet neuerdings auch Führungen für Menschen an, die an Demenz leiden. Dabei stehen im Rahmen der 90 Minuten vor allem Ruhe und Geduld im Vordergrund, um die Besucher nicht zu überfordern.

 Viel Zeit für die Details: Kunst- und Kulturvermittlerin Uschi Baetz (links) erklärt den Besuchern die Ausstellungsstücke.

Viel Zeit für die Details: Kunst- und Kulturvermittlerin Uschi Baetz (links) erklärt den Besuchern die Ausstellungsstücke.

Foto: Holger Arndt

Auf den ersten Blick bietet sich dem Betrachter nichts Ungewöhnliches: "Töpfe, Tiegel, Schnellen - Die Siegburger Ulner aus der Aulgasse". So lautet einer von drei Siegburger Themenvorschlägen, die das Siegburger Stadtmuseum mit der Kunst- und Kulturvermittlerin Uschi Baetz seit Kurzem anbietet. Auf Wunsch befasst sich Baetz auch mit einem "Ausflug in die Urzeit" Siegburgs oder führt durchs Stadtmuseum mit dem Thema "Humperdinck und seine Oper Hänsel und Gretel".

Drei typische Siegburger Themen hat sich die Kulturvermittlerin im Auftrag des Stadtmuseums angeeignet. Typische Museumsbesucher sind dabei jedoch nicht ihre Zielgruppe. Menschen mit Demenz gilt das besondere Augenmerk der Museumsführerin, die vergleichbare Angebote auch in der Bonner Bundeskunsthalle anbietet.

Ihre offene und herzliche Art ist unaufgeregt, Uschi Baetz hetzt nicht durch ihr Programm. Es geht hier nicht darum, maximale Lerninhalte in den 90 Minuten zu vermitteln. Das Ziel ist es, einen individuellen, ruhigen Zugang zu den einzelnen Museumsstücken zu gewähren.

"Menschen mit Demenz scheuen sich häufig, in einer Gruppe Fragen zu stellen. Sie würden bei normalen Führungen schneller in Stress geraten, würden sich deshalb unwohl fühlen und vielleicht solche Angebote gar nicht erst wahrnehmen", sagt Jürgen Gerhards, Leiter der Gruppe "Aktive Senioren" bei den Johannitern, der das neue Angebot des Siegburger Stadtmuseums überaus positiv annahm und die 16-köpfige Gruppe nun begleitete.

Teilnehmer: "In Siegburg fühle ich mich am wohlsten"

"Die Umwelt hat meistens nicht so viel Geduld", sagt Gerhards. Und Betroffene brauchen das Gefühl, dass alles, was sie sagen, "richtig und wichtig" ist. So sei das Risiko für Demenzkranke im privaten Pflegeumfeld größer, sich abzukapseln und dann in die Isolation abzudriften, sagt Gerhards. Das alles könne nicht im Sinne der Betroffenen und ihrer pflegenden Angehörigen sein.

Auf acht Personen mit Demenz und jeweils einen Begleiter ist das Angebot ausgerichtet, das das Stadtmuseum nun bereits schon drei Mal durchgeführt hat. Herbert Spicker vom Stadtmuseum Siegburg versicherte, dass sich der Gruppenpreis von 95 Euro für diese 16 Personen aus den Beträgen finanziere, so dass "selbst in Zeiten der Haushaltssperre solche neuen Angebote noch machbar" seien. Allerdings habe der Förderverein des Museums "dankenswerterweise die Vorarbeiten zu den drei Themen, die die Museumsführerin auf Wunsch anbietet, ermöglicht".

Die Gruppe genoss die Sonderführung sichtlich - nach einer gemütlichen Eröffnung mit Kaffee und Keksen im historischen Gewölbesaal des Museums ging es ruhig und entspannt durch die Ausstellungsräume. "Eigentlich habe ich die ganze Welt bereist", sagte ein 91-jähriger Teilnehmer, der als Physikochemiker im In- und Ausland gearbeitet hat. Bei den Johannitern hat er lange Jahre als Ehrenamtlicher selbst Gruppen betreut.

Seitdem die Krankheit bei ihm diagnostiziert wurde, wurde er selbst zum Mitglied der Seniorengruppe und fühlt sich dort bestens aufgehoben. "Museen habe ich in China und Amerika gesehen. Aber hier in Siegburg fühle ich mich immer noch am wohlsten."

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