Siegburger Tag des Friedhofs Themenwoche soll das Sterben ins Zentrum rücken

SIEGBURG · In einem seiner letzten Interviews hat der verstorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki seine Angst vor dem Tod in einem besonderen Zitat ausgedrückt. "Was mich am Tod besonders schreckt, ist die Gewissheit, nicht mehr die Zeitung des nächsten Tages lesen zu können."

 Der Torbogen des Nordfriedhofs in Siegburg: Auf der Begräbnisstätte gibt es an diesem Wochenende viele Informationen rund um das Thema Tod.

Der Torbogen des Nordfriedhofs in Siegburg: Auf der Begräbnisstätte gibt es an diesem Wochenende viele Informationen rund um das Thema Tod.

Foto: Arndt

Angst und Ungewissheit sind auch heute noch treibende Kräfte bei der Tabuisierung des Themas Tod. Der vierte Siegburger Tag des Friedhofs soll das ändern. An diesem Wochenende (Samstag und Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr) gibt es auf dem Nordfriedhof Informationsstände von Bestattern, Friedhofsgärtnern, Steinmetzen und Trauerbegleitern.

Interessenten können sich nicht nur über die Kosten einer Beerdigung und Grabpflege informieren, sondern auch mit anderen ins Gespräch kommen. Im Eingangsbereich des Friedhofs besteht die Möglichkeit im "Café Tod" bei Trostmuffins, Trauerkuchen und Kaffee über Leben und Tod zu sprechen.

Das Angebot richtet sich an alle Altersgruppen. Schüler des Anno-Gymnasiums haben sich für die Veranstaltung mit der Symbolik von Pflanzen und Bäumen beschäftigt und beteiligen sich unter dem Titel "Sag's durch die Blume" mit einer Holztafelausstellung. Am Sonntag präsentieren die Schüler Totenbretter, die in der Schreinerei der JVA Siegburg wetterfest gemacht worden waren.

Am Samstag um 14.30 Uhr gibt es eine Führung über den Nordfriedhof. Dort erfahren Besucher auch, wie sich die Friedhofskultur in den vergangenen Jahren verändert hat. "Die Hinterbliebenen wohnen heutzutage nicht mehr zwangsläufig in der Nähe des Heimatortes", erklärt Bürgermeister Franz Huhn, "somit werden oft pflegefreie Gräber bevorzugt."

Dagegen sei jedoch der Trend zur anonymen Bestattung wieder rückläufig. Der Michaelsgarten auf dem Nordfriedhof bietet sogenannte gärtnerbetreute Grabfelder an. Informationen zum Michaelsgarten und dem Friedhain gibt es ebenfalls am Tag des Friedhofs.

Damit die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht auf dieses Wochenende beschränkt bleibt, soll das "Café Tod" weiterhin einmal im Monat geöffnet bleiben. Zudem findet im Anschluss eine zehnmonatige Themenwoche, unter dem Motto "Es geht um Leben und Tod - Heiteres rund um unser Kommen und Gehen" statt.

Am 29. September bietet Andrea Müller eine Kinderführung über den Nordfriedhof an. Dafür hat sich die Standesamtsleiterin, die auch für die Friedhofsverwaltung verantwortlich ist, fortbilden lassen. Eine Kunst-Mitmach-Aktion zum Thema Sterben und Tod am 12. und 13. Oktober richtet sich ebenfalls an Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahre.

"Vor allem mit Kindern wird viel zu selten darüber gesprochen", findet Huhn. Der Tod gehöre zum Leben dazu, fügt er hinzu. Doch auch über den Umgang mit Krankheit, Suizid oder Todgeburten soll gesprochen werden. "Wir sprechen alles an", sagt Andrea Müller.

Die Themenwochen enden am Volkstrauertag, 17. November, mit einer Matinee im Stadtmuseum. Ab 11 Uhr tritt der Chor "KlangArt" unter Leitung von Ruslan Aliyev auf. Musikalisch begleitet werden sie von Julia Torres, Roswita Harms und Stephan Müller. Die meisten der 27 Veranstaltungen sind kostenlos.

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