Fahrradklima-Test Radfahrer geben schlechte Noten

RHEIN-SIEG-KREIS · Das Fazit des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) ist schlüssig: "Wo Fahrradfahren selbstverständlich ist, da fühlen sich Radfahrer wohl", deutet er das Ergebnis seines bundesweiten Fahrradklima-Tests.

Auf den Rhein-Sieg-Kreis übertragen heißt das im Umkehrschluss: Hier ist Radfahren nicht selbstverständlich. Radler fühlen sich auf den Wegen und Straßen offensichtlich nicht richtig wohl. So liest sich die Testauswertung für die rechtsrheinischen Kommunen. Deren Radfahrer bewerten ihre Städte eher mäßig, im Schnitt mit "befriedigend".

Lohmar und Troisdorf sind je mit der Note 3,4 am besten bewertet - ein Lohn für den Einsatz für den Radverkehr, findet der ADFC. Denn beide Städte sind Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden und haben viel unternommen. Im bundesweiten Vergleich erreicht Troisdorf bei den Städten bis 100 000 Einwohner Platz 14 von 100, in NRW Rang acht von 42. Lohmar liegt bei den 292 deutschen Kommunen unter 50 000 Einwohnern auf Platz 83 (30 von 67 in NRW).

Sankt Augustin (3,8) und Niederkassel (3,7) sind in der Auswertung etwa gleichauf, Siegburg (4,1) und Hennef (4) erhalten von ihren Fahrradfahrern nur ein "ausreichend". Radler aus allen vier Kommunen bemängeln die Beschaffenheit der Radwege. Viele seien zu schmal, holperig und ähnelten durch parkende Autos oder andere Hürden oft eher einem Hindernisparcours. Ferner fehle ein Angebot an Leihfahrrädern. Immer wieder sehen die Radfahrer sich Konflikten mit Fußgängern oder Autofahrern ausgesetzt.

In der Klasse der Kommunen bis 100 000 Einwohner haben sich bundesweit 100, landesweit 42 Städte beteiligt. Darunter Sankt Augustin, das die Plätze 56 (Bund) und 26 (Land) erreicht. Die Stärken sehen die 127 befragten Augustiner in der Wegweisung für Fahrradfahrer und in der Erreichbarkeit des Zentrums. Zudem fühlen sie sich sicher. Gleichwohl drängen die Grünen auf Erstellung und Umsetzung des von ihnen angestoßenen Radverkehrskonzepts. Sankt Augustin habe durch seine Siedlungsstruktur gute Voraussetzungen für eine Fahrradstadt, so Fraktionschef Martin Metz. Man bräuchte aber bessere Abstellanlagen und Ampelschaltungen sowie besser gepflegte Radwege.

Dass Niederkassel sich im unteren Mittelfeld bewegt, überrascht Peter Lorscheid nicht. "Wir hätten weit mehr Potenzial und könnten besser abschneiden", bedauert der ADFC-Ortsgruppensprecher. Das hätten auch die 118 befragten Fahrer erkannt. Laut Test macht denen das Radfahren in Niederkassel Spaß, sie kommen zügig von A nach B, und das Rad wird von einer breiten Masse genutzt. Allerdings gibt es auch viel Kritik - die Verantwortung dafür liege im mangelnden Engagement der Kommunalpolitik, so Lorscheid.

81 radfahrende Hennefer haben ihre Stadt bewertet, mit eher mäßigem Ergebnis, Note 4. "Die Hennefer Stärken auf dem Gebiet der Wegweisung für Radfahrer und des Fahrradverleihs reichen bei Weitem nicht aus, um Radfahren attraktiver zu machen", sagt Sigurd van Riesen, Sprecher der ADFC-Ortsgruppe. Er plädiert für mehr Tempo 30, breitere Radwege und mehr Fahrradstraßen. Die SPD-Fraktion unterstützt ihn. Sie will von der Verwaltung Verbesserungsvorschläge.

Schlechte Noten gab es für Siegburg. Die Kreisstadt landete unter den letzten 15 Prozent in ihrer Kategorie. 66 Fahrradfahrer haben sich beteiligt und zeigen sich vor allem entnervt von Hindernissen wie den Umlaufsperren am neuen Radweg auf der früheren Trasse des Luhmer Grietchen. Sie sehen aber auch Lichtblicke, wie für Radfahrer geöffnete Einbahnstraßen wie die Humperdinckstraße. "Die Fahrradfreundlichkeit ist ein guter Gradmesser für die Lebensqualität einer Stadt", sagt Sebastian Gocht, Sprecher der ADFC-Ortsgruppe. Darum sei es traurig, wie schlecht Siegburg abschneide. Schon mit Kleinigkeiten, wie der Öffnung der Fußgängerzone zu bestimmten Zeiten, Vorfahrtsregelungen für Radfahrer oder besseren Abstellanlagen ließe sich die Situation verbessern.

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