Psychosoziale Unterstützung für Einsatzkräfte Professionelle Hilfe statt Weinbrand

RHEIN-SIEG-KREIS · Sie arbeiten im Hintergrund, still, diskret, anonym. Und sie kommen nur, wenn sie gerufen werden. Doch gerufen werden die ehrenamtlich und professionell ausgebildeten Helfer der Psychosozialen Unterstützung für Einsatzkräfte (PSU) immer öfter.

 Die ausgebildeten Helfer der Psychosozialen Unterstützung für Einsatzkräfte.

Die ausgebildeten Helfer der Psychosozialen Unterstützung für Einsatzkräfte.

Foto: Thomas Heinemann

Seit nunmehr zehn Jahren stehen sie Einsatzkräften mit Rat und Tat zur Seite, die meist viel erlebt haben, irgendwann dann zu viel. Unfälle, Unglücke, Brände, besonders schwer oder besonders viele Verletzte, die Einsatzkräfte enorm fordern - all das sind Erfahrungen und auch Bilder, die sich ins Unterbewusstsein einbrennen und das innere Fass an Erlebten füllen.

Ein Fass, das irgendwann voll ist, sagt Frank Pütz. Im Januar 2013 übernahm er die Leitung des PSU-Teams Rhein-Sieg von Gerd Hundhausen, der als Mitbegründer und Mann der ersten Stunde im Jahr 2005 das PSU-Team für den Rhein-Sieg-Kreis aufstellte. Am Samstag, zehn Jahre nach der Gründung, feierte das Team im Kreisfeuerwehrhaus gemeinsam mit Vertretern von vier der 19 Feuerwehren im Kreis, Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg, Kreisdirektorin Annerose Heinze und Gastreferenten Mark Overhage, Experte für psychosoziales Krisenmanagement.

Vieles habe sich seit der Gründung verändert, sagt Pütz: "Früher gab es nach belastenden Einsätzen den Mariacron. Es gab Wehren, das habe ich gesehen, bei denen es dafür eine kleine Kübelspritze gab. Daneben standen die Gläser." Eine lange praktizierte Art der "Verarbeitung" traumatischer Eindrücke, die sich zum Glück verändert habe: "In den letzten Jahren, insbesondere in den vergangenen drei Jahren, hat die Nachfrage nach unserem Angebot enorm zugenommen. Die Akzeptanz ist gestiegen und die Notwendigkeit der Hilfe bei den Führungskräften präsenter geworden."

Das mag auch daran liegen, dass die PSU-Helfer allesamt selbst ehrenamtlich bei Feuerwehren oder im Rettungsdienst tätig sind, selbst die Einsatzgeschehen kennen und eigene Erfahrungen mit belastenden Situationen gemacht haben. Dennoch war es gerade in den Anfangsjahren mühsam, den bewährten Weinbrand gegen die neue, professionelle Hilfe aus den Köpfen zu verdrängen, zeigt der Blick in die Statistik.

Wurde das Team im Gründungsjahr 2005 drei Mal zur Hilfe gerufen, waren es in diesem Jahr bereits 26 Einsätze. Und die können unterschiedliche Ursachen haben, spricht Robert Gall, stellvertretender Leiter des PSU-Teams, aus eigener Erfahrung: "Teilweise können es ganz lapidare Einsätze sein, die ganz alte Erlebnisse wieder hervorrufen. Das kann eine Kleinigkeit sein, ein am Einsatzort herumliegender Kindersitz, ein bestimmter Geruch oder auch ein Symbol, das dann die Brücke zu unverarbeiteten Erlebnissen schlägt."

Einsatzerlebnisse, wie bei der Loveparade 2010 in Duisburg, bei einem vereitelten Amoklauf in Sankt Augustin und dem Einsturz des Stadtarchivs 2009, aber auch im Rahmen des Papstbesuches 2005 und der Fußball-WM 2006. Nicht immer gelinge es, Erlebnisse zu verarbeiten, manchmal steigen Ehrenamtliche auch ganz aus dem Dienst aus, sagt Gall, etwa nach der Loveparade 2010: "Wenn man danach in die Gesichter der Helfer schaut hat - das war erschreckend." Daher setzt die Psychosoziale Unterstützung bewusst frühzeitig auf Sensibilisierung, in der Ausbildung der Feuerwehreinsatzkräfte und auch der Führungskräfte.

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