Geschichte des Wilnaer Ghettos Mahnung und Appell gegen das Vergessen

SIEGBURG · Mit eindringlichen Texten, die unter die Haut gingen, und Musik voller Schwermut präsentierten Roswitha Dasch (Geige, Gesang) und Ulrich Raue (Klavier) im Stadtmuseum die Geschichte des Wilnaer Ghettos im Spiegel seiner Lieder unter dem Titel "Es iz geven a zumertog" - "Es war an einem Sommertag", die im Mai 1994 im Wuppertaler Schauspielhaus erstmalig aufgeführt wurde.

 Ohne Pathos: Roswitha Dasch beim Musik- und Rezitationsabend, zu dem die Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" eingeladen hatte.

Ohne Pathos: Roswitha Dasch beim Musik- und Rezitationsabend, zu dem die Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" eingeladen hatte.

Foto: Arndt

Veranstaltet wurde der Abend von der Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" im Rahmen der Jüdischen Kulturtage im Rheinland 2015 unter der Schirmherrschaft von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, bei denen in verschiedenen Städten mehr als 360 Konzerte, Lesungen, Vorträge, Filme und Ausstellungen geboten werden.

Der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte, Harald Eichner, sagte zur Einführung: "Die Nazis wollten nicht nur die Juden, sondern auch ihre Kultur auslöschen. Beides ist ihnen nicht gelungen." Er begrüßte, dass es heute wieder eine junge, moderne jüdische Kultur in Deutschland gebe. Roswitha Dasch hat aus umfangreichen Recherchen in Litauen und einer Vielzahl persönlicher Gespräche mit Zeitzeugen ein außergewöhnliches Konzertprogramm zur Geschichte des Wilnaer Ghettos entwickelt, das anhand von Überlebensberichten, historischen Ereignissen und vor allem durch jiddische Lieder die Lebenssituation der jüdischen Bevölkerung im Wilnaer Ghetto auf ganz besondere Weise beschreibt. Die Autorin setzt sich schon seit den 1990er Jahren für die Überlebenden des Wilnaer Ghettos ein und hat auch eine Wanderausstellung mit dem Titel "Sag nie, du gehst den letzten Weg" organisiert, die den Genozid litauischer Juden thematisiert.

Sie gilt darüber hinaus als ausgewiesene Expertin für Klezmer und die Musik des osteuropäischen Judentums. Einfühlsam und mit der Bitte ans Publikum, während der Darbietung auf Applaus zu verzichten, spielte das Duo Musik, die den Menschen im Wilnaer Ghetto 1941 bis 1943 trotz aller Trauer und Verzweiflung immer wieder Mut und Hoffnung gab. Die alten jiddischen Lieder hat Ulrich Raue für Gesang, Violine und Klavier neu arrangiert. Im Wechsel rezitierten er und Roswitha Dasch sehr einfühlsam, ruhig und ohne Pathos die teils nüchtern sachlich verfassten, teils bewegenden Texte der Zeitzeugen. Die Veranstaltung wird als Appell gegen das Vergessen und gleichzeitig als Mahnung bei den Zuhörern sicher noch lange nachwirken.

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