"Freispruch für Wagner?" Lesung mit Bernd Weikl und Peter Bendixen in Siegburg

Siegburg · Das 200. Geburtsjahr Wagners ist in ganz Deutschland Anlass, sich mit Musik und Wirken dieser schillernden Künstlerpersönlichkeit verstärkt auseinanderzusetzen.

 Der Kulturwissenschaftler Peter Bendixen und Kammersänger Bernd Weikl mit seinem von Luigi Pavarotti geschenkten, großen bunten Schal.

Der Kulturwissenschaftler Peter Bendixen und Kammersänger Bernd Weikl mit seinem von Luigi Pavarotti geschenkten, großen bunten Schal.

Foto: Ingo Eisner

Das fordert Fantasie und Kreativität besonders von den vielen kleinen Ortsverbänden, die sich die "Nachlass-Pflege" und Nachwuchsförderung auf die Fahnen geschrieben haben. Der besonderen Herausforderung, die das Wagner-Jahr bedeutet, stellten sich Dirk Monreal und Gerti Kunze, Vorsitzende des Richard Wagner Verbands Bonn/Siegburg, nunmehr mit einer Buchvorstellung der besonderen Art im Stadtmuseum.

In Zusammenarbeit mit der Siegburger Buchhandlung R²/Gebrüder Remmel holten sie zwei prominente Autoren eines neuen Wagner-Buchs auf die Bühne. Gerade erst im vergangenen Jahr erschienen und bereits in der zweiten Auflage vorliegend ist ein Wagner-Buch aus der Feder zweier Experten: Kammersänger Bernd Weikl gilt als legendärer Wagner-Interpret mit seiner Paraderolle des Hans Sachs in den "Meistersingern von Nürnberg".

Vor zwei Jahren hat sich der 70-jährige Bariton entschieden, nicht mehr zu singen. Zusammen mit dem Kulturwissenschaftler Peter Bendixen hat Weikl, selbst promovierter Wirtschaftswissenschaftler, dann begonnen, ein Wagner-Buch zu schreiben, das die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Komponisten, der drei Jahre vor Hitlers Geburt starb, hinterfragt.

Die menschlich schwierige Person Wagners wird in den Kontext der eigenen Zeit, der musikalischen Romantik, gesetzt. "Freispruch für Wagner?" lautet der Titel, der das Fragezeichen bewusst auf das Titelblatt setzt.

Die Assoziationskette, die Wagner als Vordenker des Nationalsozialismus in Deutschland und geistigen Wegbereiter der Verbrechen an den europäischen Juden hervorruft, hat Weikl als international renommierter Solist am eigenen Leibe erfahren. Ich hatte es "schlichtweg satt, immer unter Hakenkreuzen zu singen", sagte Weikl in Siegburg. Und das habe nichts damit zu tun, dass er nun allein die Musik, die er liebe, damit verteidigen wolle.

"Ich bin nicht verliebt in Wagner, ich möchte einfach Gerechtigkeit." Eine kürzlich erschienene Doktorarbeit des israelischen Musikwissenschaftlers Irad Atir habe sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und trage dazu bei, den Komponisten "zu entnazifizieren".

Hochgespannt lauschte das Publikum den Ausführungen des Autoren-Duos, das in eine kontroverse Diskussion geriet bei Weikls Ausführungen zur aktuellen kulturellen Bildung in Deutschland und zur Situation des Aufführungsbetriebes mit deutschen Sängern und Dirigenten.

Bernd Weikl, Peter Bendixen: "Freispruch für Wagner? Eine historische Rekonstruktion", 372 Seiten, 24 Euro.

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