Luftangriff auf Siegburg vor 70 Jahren Im Geist von Vergebung und Versöhnung

SIEGBURG · Bei einem schweren Luftangriff der Alliierten am 28. Dezember 1944 wurde neben dem Mühlenviertel, Teilen des Marktes und der Abtei auf dem Michaelsberg auch die evangelische Stadtkirche bis auf den Turm zerstört.

 An der Stelle der vor 70 Jahren zerstörten evangelischen Stadtkirche steht heute die Auferstehungskirche.

An der Stelle der vor 70 Jahren zerstörten evangelischen Stadtkirche steht heute die Auferstehungskirche.

Foto: Paul Kieras

In zwei Wellen warfen vor 70 Jahren rund 100 Maschinen ihre tödliche Fracht über dem Stadtkern ab.

Mit einem Gottesdienst in der Auferstehungskirche, die erst 1957 auf den zerbombten Überresten des ehemaligen Gotteshauses aus dem Jahr 1879 neu errichtet wurde, erinnerte die evangelische Kirchengemeinde gestern an das Inferno, das viele Tote und Verletzte forderte.

Unter den Besuchern waren auch Heinz Willi Höver (73) und seine Schwester, Inge Stahl (75), die den Bombenangriff als Kinder überlebten. "Wir waren bei meiner Großtante zu Besuch, die in einer kleinen Mansardenwohnung über der Färberei Schulz wohnte.

Mit ihr zusammen konnten wir noch rechtzeitig in den Keller fliehen", erinnert sich Höver. Ihre Mutter habe sie zur Tante gebracht, die Geburtstag feierte und sei dann in die Wohnung der Familie nach Wolsdorf zurückgekehrt, wo sie Todesängste ausgestanden hätte.

Das Haus neben dem direkt angrenzenden Hühnermarkt, wo zahlreiche Gebäude zerstört wurden, blieb verschont.

Während des Gottesdienstes spielte Pfarrer Joachim Knitter Filmsequenzen ein, in denen Zeitzeugin Olga Palm (95) berichtet, wie sie die Zerstörung der einzigen evangelischen Kirche der Stadt erlebt hatte.

Der Gottesdienst stand, so Knitter, "im Zeichen der Erinnerung". Die Gläubigen sprachen auch das "Versöhnungsgebet von Coventry", das 1959 zum Gedenken an den deutschen Luftangriff auf die englische Stadt am 14. November 1940 verfasst wurde.

Dabei starben 550 Menschen, neben großen Teilen der Innenstadt und von Industrieanlagen wurde die spätmittelalterliche Sankt-Michaels-Kathedrale zerstört. Der damalige Domprobst Richard Howard ließ die Worte "Father Forgive" in die Chorwand der Ruine meißeln. Dies sind die zentralen Worte des Gebets, das den Geist der Vergebung und des Neuanfangs beschwört.

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