Siegburgerin verurteilt Ihr Baby war völlig abgemagert

SIEGBURG · Eine 23-Jährige ist gestern am Amtsgericht Siegburg wegen fahrlässiger Körperverletzung zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden.

Von Dezember 2013 bis Mai 2014 hatte die Siegburgerin ihre heute einjährige Tochter durch Mangelernährung fast Verhungern lassen.

Es sei das stärkste Untergewicht, das er je bei einem Kind in dem Alter gesehen habe, sagte Kinderarzt und Zeuge Gerd Horneff aus. Der damals sieben Monate alte Säugling war von einer Kinderärztin bei einer Routineuntersuchung in die Kinderklinik überwiesen worden. Das damalige Gewicht betrug 3250 Gramm bei einer Größe von rund 58 Zentimetern. Das war mehr als zwei Kilogramm und zehn Zentimeter weniger als der Durchschnitt.

"Mein erster Gedanke war, dass dieser Fall vor das Landgericht gehört", sagte auch der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand, nachdem er die schockierenden Beweisfotos des abgemagerten Säuglings gesehen hatte. Der Verteidigerin der dreifachen Mutter war es ähnlich ergangen, nach Gesprächen mit ihrer Mandantin hätte sie jedoch ein anderes Bild von dem Fall gehabt.

Vor allem den böswilligen Vorsatz sähe sie bei der Angeklagten nicht. Die Frage, wie es dazu kommen konnte, beantwortete die Angeklagte nach und nach während der Verhandlung. Ihren ersten Sohn, der 2012 zur Welt kam, hatte sie gestillt. Bei ihrem zweiten Kind wollte sie die Flasche geben. Doch das zarte Baby nahm kaum zu. Bei der Vorsorgeuntersuchung für Kinder bis zur fünften Lebenswoche gab die Ärztin Tipps zum Thema Ernährung.

Milchpulver zu gering dosiert

Zu diesem Zeitpunkt wog das Mädchen noch 3540 Gramm. Dieses Gewicht lag noch im Rahmen, sagte die 43-jährige Kinderärztin im Prozess. Die Verteidigerin argumentierte, dass der Mutter somit der Eindruck vermittelt worden wäre, alles sei in Ordnung. Tatsächlich verschärfte sich die Situation in den folgenden Monaten. Nach Angaben der Angeklagten spuckte ihre Tochter die Nahrung wieder aus. Zudem hatte sie das Milchpulver zu gering dosiert, wie die 23-Jährige im Frühjahr bei einem Besuch bei einer neuen Kinderärztin erfuhr.

Die 62-Jährige überwies das abgemagerte Mädchen sofort in die Asklepios Kinderklinik nach Sankt Augustin. "Das Kind wirkte nicht verwahrlost", sagte die Ärztin vor Gericht, "die Mutter brachte ihre Tochter selbst in die Klinik". Nach zwei Wochen in Behandlung hatte das Kind zugenommen und kam vorerst in eine Pflegefamilie. Ein Familiengericht muss nun die Erziehungsfähigkeit der Mutter prüfen.

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