GA-Interview Hans-Georg Wulf: "Wieso darf ich nicht machen, was ich will?"

SIEGBURG · Für Hans-Georg Wulf von der Unteren Denkmalbehörde Siegburg ist der Tag des offenen Denkmals der letzte öffentliche Einsatz: Nach 22 Jahren geht er im November in den Vorruhestand und übergibt den Stab an seine Nachfolgerin Anja Göbel. Über seine Tätigkeit als Ansprechpartner für Denkmaleigentümer sprach Susanne Haase-Mühlbauer mit Wulf.

Sie sind gelernter Bauzeichner und haben als Bautechniker gearbeitet. Wie kommt man dann zur Unteren Denkmalbehörde?
Hans-Georg Wulf: Für Baugeschichte habe ich mich immer schon interessiert, für alles, was Architektur mit dem Menschen verbindet. Schon in frühen Jahren habe ich in Much Wegekreuze kartiert und als ich dann die Zeitungsanzeige von der Unteren Denkmalbehörde las, die bis 2007 im Stadtarchiv angesiedelt war, kam das wie gerufen.

Als Denkmalpfleger wacht man über Veränderungen an Bau- und Bodendenkmälern. Gab es da schon mal hitzige Diskussionen mit uneinsichtigen Eigentümern?
Wulf: Das kann man wohl sagen. Ich habe eine eigene Zitatesammlung, angefangen mit der Frage "Wieso darf ich nicht machen, was ich will?"

Der Gesetzgeber sagt, ein Denkmal ist zu erhalten und sinnvoll zu nutzen. Fordert das nicht einen Spagat zwischen Historie und Neuzeit?
Wulf: Genau das ist die Herausforderung, der wir uns täglich stellen müssen. Wir müssen progressiv mit der Historie umgehen. Das ist Chance und Widerspruch zugleich.

Haben Sie ein Beispiel?
Wulf: Der mittelalterliche Halbrundturm, den wir bei den Bauarbeiten für das neue CVJM-Gebäude an der Ringstraße entdeckten, ist so ein besonderes Denkmal für mich. Heute ist das alte Gemäuer des Turms im Keller des Jugendtreffs einsehbar und das Denkmal wird dadurch im Alltag "begreifbar". Es macht die Stadtgeschichte für die Jugendlichen fassbar und das gefällt mir daran besonders gut.

Ab wann fängt ein Denkmal denn an, gibt es eine Zeitgrenze?
Wulf: Das hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit dem historischen Wert. Und der kann bereits bei zeitgenössischen Bauwerken festgestellt werden.

Haben Sie Siegburger Lieblingsdenkmäler?
Wulf: Das kann man so nicht sagen. Es gibt viele Hunderte von Denkmälern, die wir betreut haben. Ich denke an die Fachwerkhofanlage in Braschoss Am Kreuztor, die ein landwirtschaftliches Zeugnis gibt und heute als Wohnanlage genutzt wird. Natürlich auch die Abtei als Kirchendenkmal, die gerade jetzt den Weg in die Neuzeit bewältigen muss, der Uhlrather Hof und das fast unbekannte Denkmal des Oberförsters Kleinschmidt in der Widdauer Wiese, das auf eine private Initiative zurückgeht und die Verdienste des Oberförsters von 1878 um die Trockenlegung der Sumpfgebiete um Siegburg würdigt. Das alles sind Denkmäler, die Siegburg und seine Geschichte so besonders machen.

Wo lagen Ihre Schwerpunkte bei der Unteren Denkmalbehörde?
Wulf: Das waren meist private Wohnhäuser, aber auch öffentliche Gebäude, wie das Gymnasium Alleestraße, die Grundschule Humperdinckstraße, das Stadtmuseum, die Direktorenvilla "Luise" des ehemaligen Feuerwerkslaboratoriums und natürlich die Abtei.

Was sagen Sie rückblickend über Ihre Arbeit?
Wulf: Der Grundstein ist gelegt. Die Siegburger sind stolz auf ihren alten Baubestand und bereit, etwas für die Erhaltung zu tun. Die Denkmäler sind für Siegburg wichtig. Sie stehen für Stadtgeschichte und Lebensgefühl. Daran gemeinsam mit den Eigentümern zu arbeiten, war eine schöne Aufgabe für mich.

Worauf freuen Sie sich im Ruhestand?
Wulf: Ich möchte noch vieles sehen und besichtigen, werde mich auch sicherlich im sozialen Bereich engagieren und freue mich dann nach 22 Jahren in Siegburg im nächsten Jahr, den Tag des Denkmals mal woanders zu verbringen.

Zur Person:

Hans-Georg Wulf stand 22 Jahre in Diensten der Stadt Siegburg und geht jetzt in Altersteilzeit. Wulf hat Bauzeichner gelernt und als Bautechniker gearbeitet, bevor er die Siegburger Denkmalbehörde übernahm. Der 63-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bad Godesberg.

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