Siegburgerin betrieb dubiose Geschäfte Gewerbsmäßiger Betrug von Gran Canaria aus

SIEGBURG · Ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung sowie 1500 Euro an die Landeskasse: So lautete das Urteil des Siegburger Schöffengerichtes unter Vorsitz von Richter Ulrich Wilbrand für eine 36-jährige Siegburgerin. Die Frau war des gewerbsmäßigen Betruges in einem besonders schweren Fall für schuldig gesprochen worden.

Vor sieben Jahren war die Frau mit Kind und ihrem damaligen Freund nach Gran Canaria gezogen. Das sei schon ihr Jugendtraum gewesen. Wie sie dem Gericht berichtete, habe der Freund dann dort in einer Bar gearbeitet, aber nach einem Jahr habe der die Nase voll gehabt und sei nach Deutschland zurückgekehrt.

Darauf habe sie bei einer Immobilienfirma auf Provisionsbasis angeheuert, was aber nichts gab. Darauf eröffnete die gelernte Großhandelskauffrau ein Café, aber nach einem Jahr habe sie gemerkt, dass die Kosten hoch und die Einnahmen minimal waren.

Ende 2011 sprach sie dann ein Gast an, sie könne doch in seinem Callcenter arbeiten, da winkten bis zu 3000 Euro im Monat. Die Gelegenheit erschien günstig, durch den Verkauf von Branchenbucheinträgen Geld verdienen zu können. Nicht genug damit, der Geschäftsführer dieser Firma bot ihr an, eine eigene Firma zu gründen, was mehr Geld bedeuten sollte. Da war schon von 3000 bis 5000 Euro pro Monat die Rede.

Das lockte, obwohl die Frau schon damals wusste, dass die Geschäftspraktiken dubios waren. Denn die Branchenbucheinträge entstanden gar nicht. Telemedien Direkt nannte sich der Betrieb, angesprochene Kunden bekamen Rechnungen ohne Gegenleistung.

Im Laufe der Zeit summierte sich das auf einen Schaden von rund 15 000 Euro. Bei 88 angeschriebenen Firmen und Personen erstickte das Vorgehen bereits im Versuch, bei 40 anderen gelang der Betrug. Aussteigen habe sie nicht können, weil sie von einem "Thomas" bedroht worden sei. Da wären "so die Hells Angels" auf ihren Motorrädern vorbeigekommen.

Der frühere Geschäftsführer sei inzwischen nach "Thailand abgehauen". Als dann 2013 auf ein Rechtshilfeersuchen der Liechtensteiner Staatsanwaltschaft - auch dorthin erstreckten sich die Aktivitäten der Firma - in Deutschland ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde, verkaufte die Frau den Laden an ihren damaligen Teamleiter für 10000 Euro. Mitte 2014 gründete sie dann wiederum selbst eine Firma namens Inkasso Enzyklopedia, um für den Teamleiter Forderungen einzutreiben.

Das Gebahren stellte sie dann Ende 2014 ein. Wie Oberstaatsanwalt Patrick Wilhelm anmerkte, gibt es auf Gran Canaria wohl sieben solcher Branchenbuchbetriebe, täglich bekomme er neue Ermittlungsakten auf den Tisch. Die Frau jedenfalls gründete dann einen Büroservice, den sie auch bis heute betreibt.

Dass sie nun nach Siegburg zur Verhandlung erschieni, rechnete ihr der Oberstaatsanwalt "hoch an". Rechtshilfe in Spanien sei "ein ziemliches Chaos", weil sie in der Hand von Richtern liege, die da aber eher träge reagierten.

Zudem bescheinigte er der Angeklagten eine gewisse Naivität, die Tragweite ihrer Handlungen habe sie wohl nicht richtig eingeschätzt. Also forderte er zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung plus zwei Jahre lang 50 Euro monatlich an die Landeskasse.

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