Kommentar Gelebte Demokratie

Auch wenn der Beschwerdeausschuss keinerlei Entscheidungsgewalt besitzt: In Siegburg war am Montagabend zu beobachten, was gelebte Demokratie bedeutet. Ein Gremium, das sonst wenig Interesse erzeugt, zieht mehrere hundert Menschen an, die wissen wollen, wie in ihrer Stadt Politik gemacht wird.

Damit sind sie offenkundig nicht zufrieden, und ihren Unmut machten sie deutlich - erst mit Trillerpfeifen und Megafon vor dem Rathaus, später dann mit klugen, nicht krawalligen Wortbeiträgen im Ratssaal. Den Ausschussmitgliedern, plötzlich sozusagen Auge in Auge konfrontiert mit der Siegburger Bürgerwut, war teils Unbehagen anzumerken ob dieser ungewohnten Beteiligung. Doch es gelang auch ihnen überwiegend, sachlich zu bleiben und parteipolitische Seitenhiebe auf ein Minimum zu beschränken.

Nun kommt es zunächst auf die anstehenden Fachgremien und vor allem auf den Stadtrat an. Wird die Koalition aus CDU und FDP die drastische Erhöhung der Grundsteuer B um mehr als 70 Prozent weiter durchziehen, oder macht sie einen Schritt zurück, spart an anderer Stelle oder eröffnet neue Einnahmequellen? Oder wird gar das bislang verteufelte, von Opposition und einer Vielzahl der Bürger aber geforderte Haushaltssicherungskonzept plötzlich denkbar? Die Sitzung am 19. März wird es zeigen. Es kommt aber noch auf etwas anderes an: auf das Durchhaltevermögen der Bürger, die nun protestieren. Ist ihre politische Teilhabe nur auf die eigene Betroffenheit begrenzt oder von Dauer? Nur wer dranbleibt, bleibt in Erinnerung und hat eine Chance, auf lange Sicht etwas bewirken - oder im Vorfeld verhindern - zu können. Das nennt man dann Demokratie.

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