Ermordung luxemburgischer Häftlinge Erinnerung und Ermahnung

SIEGBURG · Mit einer Kranzniederlegung an der Ruine Uhlrather Hof haben viele Siegburger am Sonntag der Ermordung dreier unschuldiger luxemburgischer Staatsangehöriger vor 70 Jahren an gleicher Stelle gedacht.

 Franz Huhn hält am Uhlrather Hof eine bewegende Erinnerungsrede, in der er auch auf die Krisenherde 2014 eingeht.

Franz Huhn hält am Uhlrather Hof eine bewegende Erinnerungsrede, in der er auch auf die Krisenherde 2014 eingeht.

Foto: Paul Kieras

Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn verwies auf zahlreiche Orte, die bis heute "ob ihrer markanten Rolle in der Geschichte traurige Berühmtheit erlangten".

So wie Warschau durch den Ghettoaufstand 1943 oder die belgische Stadt Ypern, in der im Ersten Weltkrieg fast eine halbe Million Soldaten starb. Ypern sei "Synonym für entfesseltes Kriegsgeschehen" geworden "wie Auschwitz ein Synonym für industriellen Massenmord aus Rassenhass", so der Bürgermeister und fuhr fort: "Für uns in Siegburg ist der Ulrather Hof so ein Ort."

Marcel Charpantier, Camille Körner und Jean Bück wurden dort auf Anordnung des NS-Regimes willkürlich hingerichtet. Der Grund dafür war der Befehl des SS-Führers Heinrich Himmler, als Vergeltung für die Erschießung des Ortsgruppenleiters der "Volksdeutschen Bewegung" am 20. Juli 1944 im luxemburgischen Junglinster zehn unbeteiligte Luxemburger in deutschem Gewahrsam zu erschießen. Dazu gehörten auch die drei, die im Siegburger Zuchthaus inhaftiert waren.

Ihr "Vergehen": Sie hatten sich 1943 geweigert, in die deutsche Wehrmacht einzutreten, wozu sie nach damaligem "Recht" verpflichtet waren. Bück, Charpantier und Körner wurden - unabhängig voneinander - im Juli 1944 gefangen, erst zum Tode verurteilt, dann zu langjährigen Haftstrafen begnadigt und nach Siegburg verlegt. Dort kam es am 23. August 1944 zur Hinrichtung, nur zwei Stunden nach dem Todesurteil.

Huhn ging in seiner Ansprache aber auch auf das Jahr 2014 ein, in dem wir "viel über die Vergangenheit sprechen" und uns geschworen hätten: "Niemals wieder Krieg und Gewaltherrschaft". Gleichzeitig seien wir "von bewaffneten Konflikten umringt". In Nordafrika, im Süd-Sudan, im Nahen Osten und in der Ukraine, mitten in Europa.

Huhn zeigte sich besorgt darüber, dass sich Geschichte wiederhole. "Wir sehen, wie Terroristen im Irak und in Syrien unschuldige Zivilisten ermorden, wie die Gewalt im Gazastreifen eskaliert und der Judenhass wächst." Der Antisemitismus sei wieder auf dem Vormarsch, so seine Beobachtung, und er erinnerte daran, dass vor wenigen Wochen Brandsätze auf eine Wuppertaler Synagoge flogen.

Zum Ende zitierte er den deutschen Astronauten Alexander Gerst, der von der ISS aus seine Eindrücke beim Anblick der Erde geschildert und sinngemäß gesagt hatte, die Erde sehe so schön und zerbrechlich von oben aus, er habe kein Verständnis für Umweltverschmutzungen, erst recht nicht für Kriege. "Man würde sich wünschen, Kriegstreiber dächten so."

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