Interview mit Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski "Die Zeit der Monokultur ist vorbei"

SIEGBURG · Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski spricht über Perspektiven für Wirtschaft, Innenstadt und Haushalt in Troisdorf.

Die neue Stadthalle ist gut belegt, die Innenstadt bekommt ein neues Gesicht, der Strukturwandel verläuft erfolgreich: Troisdorf entwickelt sich. Allerdings muss auch die größte Stadt des Rhein-Sieg-Kreises sparen, um nicht in ein Haushaltssicherungskonzept zu geraten. Was 2015 in Troisdorf ansteht - dazu gab Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski im Gespräch mit Dominik Pieper und Hans-Joachim Wimmeroth einen Ausblick.

Wie wird 2015 für Troisdorf?
Klaus-Werner Jablonski: Ich gehe davon aus, dass es ein gutes Jahr wird. Das lassen die wirtschaftlichen Zahlen vermuten. Was ich von den Unternehmen höre, ist sehr positiv.

Also keine plötzlichen Gewerbesteuerverluste in Millionenhöhe, so wie in Siegburg?
Jablonski: Das kann man nie ganz voraussehen. Der Vorteil von Troisdorf ist, dass wir sehr viele sehr unterschiedliche Gewerbesteuerzahler haben. Sie kommen aus verschiedensten Branchen. Die Zeit der Monokultur, in der wir von drei Großunternehmen abhängig waren, ist vorbei. Traditionell ist bei uns die kunststoffverarbeitende Industrie ansässig, inzwischen aber auch einige Logistikunternehmen. Auch im Bereich Pharma/Medizin sind wir stark. Größter Arbeitgeber ist die Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mit ihren beiden Krankenhäusern. Insofern stehen wir wirtschaftlich auf mehreren Standbeinen.

Haben Sie denn noch Wachstumspotenzial?
J
ablonski: Haben wir noch, aber es wird weniger. Das Industriepark-Gelände - ehemals Dynamit Nobel - hat sich seit 2005 sehr positiv entwickelt. Dort haben wir rund 40 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert, jetzt sind noch 28 Hektar frei. Ebenfalls auf dem Markt ist noch das ehemalige Profine-Gelände, das aber nicht von der Stadt vermarktet wird. Am Junkersring gibt es noch einige freie Grundstücke. Der Bedarf ist auf jeden Fall da. Wir müssen in Zukunft auch in die bestehenden Gewerbegebiete schauen und prüfen, wo wir sie aufwerten können.

Troisdorf hat in den vergangenen Jahren versucht, sich auch als Einkaufsstadt zu profilieren. Wo sehen Sie da Ihre Rolle zwischen Siegburg und Sankt Augustin?
Jablonski: Der Stadtrat hat ab 2005 intensiv darüber diskutiert, welchen Stellenwert das Einkaufen in der Stadt haben soll. Natürlich könnte man zum Einkaufen nach Siegburg, Sankt Augustin, Bonn oder Köln fahren. Wir sind dann aber zu der Überzeugung gekommen, dass zu einer Stadt auch ein gutes Einzelhandelsangebot gehört. Da wollen wir den Siegburgern keineswegs den Rang ablaufen. Es geht nur darum, unsere Innenstadt stabil zu halten. Mit der neuen Einkaufsgalerie haben wir 2013 den Anfang gemacht, jetzt kümmern wir uns um die Wiederbelebung des Forums und die Sanierung der Fußgängerzone.

Die Erneuerung der Fußgängerzone ist 2018 abgeschlossen. Warum dauert das so lange?
Jablonski: Es muss ja alles finanziert und in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Über allem steht das Projekt "Zukunftsinitiative Troisdorfer Innenstadt". Es hat ein Volumen von insgesamt 30 Millionen Euro. Das Land finanziert 70 Prozent, den Rest müssen wir aufbringen. Zu diesem Programm gehören nicht nur die Fußgängerzone, sondern auch der Ursulaplatz und die Realschule Heimbachstraße, aber zum Beispiel auch die Erneuerung von Fenstern im Altbau der Burg Wissem. Der Großteil der Innenstadt profitiert also. Die Leute sollen sich dort gerne aufhalten können.

Warum klagen Sie gemeinsam mit Siegburg gegen den Huma-Neubau in Sankt Augustin?
Jablonski: Wir sind wie Siegburg der Meinung, dass die Größe der Verkaufsflächen für Textilien einfach zu groß dimensioniert ist. Gutachter sagen, dass 8000 bis 10 000 Quadratmeter ausreichend und regional verträglich sind. Der letzte Stand war aber, dass es 17 000 Quadratmeter werden sollen. Troisdorf hat ja schon in den 70er Jahren gegen den Huma-Bau geklagt, wegen dessen Größe. Die Stadt hatte damit auch Erfolg. Aber als das Verfahren abgeschlossen war, stand der Huma schon.

Im vergangenen März haben Sie die Stadthalle eingeweiht. Wie sieht die Bilanz für das erste Jahr aus?
Jablonski: Wir sind zufrieden. Die Halle ist sehr gut belegt. An Wochenenden eigentlich immer, aber auch häufig unter der Woche. Die Nachfrage kommt sowohl von den Unternehmen als auch von Vereinen und externen Veranstaltern. Neulich hatten wir eine Zauber-Show hier zu Gast, mit den "Ehrlich Brothers".

Bleiben wir bei der Infrastruktur. Wie geht es mit dem Aggua-Freibad weiter? Das Außenbecken ist ziemlich marode, oder? Jablonski: Darüber wird im Aufsichtsrat der Troikomm beraten (Bad-Betreiberin, Anm.d.Red.). Ich denke, im Frühjahr werden wir klarer sehen. Fakt ist: Die Nachfrage für das Freibad geht zurück. Viele Leute gehen zum Schwimmen lieber zum Rotter See oder an die Siegfähre. Da muss man sich schon fragen, ob sich eine Investition von fünf Millionen Euro oder mehr lohnt. Hinzu kommt, dass das Freibad in der Aggerniederung liegt. Wir müssen in den nächsten Jahren im Zuge des Hochwasserschutzes den Deich sanieren. Bis dahin müssen wir wissen, was mit dem Freibad passiert.

Zur Haushaltslage: Sie haben erstmals einen Bürgerhaushalt aufgelegt. Die Troisdorfer konnten eigene Vorschläge machen. Sind die denn finanzierbar in Zeiten knapper Kassen?
Jablonski: Es waren ja realistische Vorschläge, und einige davon standen ohnehin schon zur Debatte. Unter allen Eingaben wurde ein Ranking gebildet. An erster Stelle steht die Umrüstung einer Turnhalle in Spich, damit diese künftig nur noch von Turnern genutzt wird. Dazu haben wir Planungskosten eingestellt. An zweiter Stelle stand der Wunsch, in der Innenstadt freies WLAN anzubieten. Auch dafür stellen wir Geld bereit, damit die Gastronomen Router erhalten können.

Sie mahnten in Ihrem Neujahrsgruß aber auch Einsparungen an.
Jablonski: Die Kommunen sind in NRW allgemein unterfinanziert, das trifft auch uns. Wir bekommen 2015 zehn Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen vom Land, als ursprünglich berechnet. Da mussten wir die Einnahmen erhöhen, etwa durch eine Grundsteuererhöhung. Im Vergleich zu anderen Kommunen sind wir da aber noch moderat. Insgesamt müssen wir stärker auf Ausgaben achten. Das fängt schon bei den Büroanschaffungen an.

Die Stadt betreibt 30 Kindertagesstätten in eigener Trägerschaft. Ist das nicht ein ziemlicher Kostenfaktor?
Jablonski: Wir haben traditionell viele städtische Kindergärten. Die Landeszuschüsse und Elternbeiträge decken die Kosten bei weitem nicht, so dass wir jährlich 15 Millionen Euro zuzahlen. Von meinen 1300 Mitarbeitern ist etwa ein Drittel mit Kitas und Ganztagsschulen beschäftigt. Das ist es uns aber auch wert, denn wir wollen eine gute Ganztagsbetreuung sicherstellen und eine familienfreundliche Stadt bleiben.

Zur Person

Klaus-Werner Jablonski (55) stammt aus Köln. Schon als Kind kam er nach Troisdorf, wo er das Gymnasium Zum Altenforst besuchte. 1978 begann er eine Ausbildung bei der Polizei, wo er es bis zum Hauptkommissar brachte. Parallel zum Polizeidienst besuchte er die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln, die er als Diplom-Verwaltungswirt (FH) abschloss. 1984 zog der CDU-Mann erstmals in den Stadtrat ein, später wurde er Fraktionsvorsitzender und Vizebürgermeister. 2009 wurde Jablonski Nachfolger von Bürgermeister Manfred Uedelhoven. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt im Stadtteil Friedrich-Wilhelms-Hütte.

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