Königsschießen der sehbehinderten Das Gehör ersetzt ihre Sehkraft

SIEGBURG · Bereits seit acht Jahren gibt es in der Schützenbruderschaft Sankt Servatius Siegburg-Zange eine Abteilung für blinde und sehbehinderte Schützen. Was für viele unvorstellbar erscheint, gehört bei den Schützen zum Alltag.

 Gutes Gehör: Am Schießstand der Sankt-Servatius-Schützen auf der Zange legt der sehbehinderte Peter Eschbach auf die Zielscheibe an und holt sich die Königswürde.

Gutes Gehör: Am Schießstand der Sankt-Servatius-Schützen auf der Zange legt der sehbehinderte Peter Eschbach auf die Zielscheibe an und holt sich die Königswürde.

Foto: Ingo Eisner

Dass diese Abteilung entstehen konnte, geht auf die Initiative von Günter und Anne Wingender zurück, aber auch auf die Offenheit des Vereins, sich mit dem Handicap auseinanderzusetzen. Das Ehepaar Wingender lernte das Blindenschießen während eines Urlaubs in Südtirol kennen und wendete sich 2006 mit seinem Anliegen an die Schützenbruderschaft in Siegburg-Zange. 2007 wurde der Verein entsprechend erweitert, und seitdem sind Günter und Anne Wingender neben acht weiteren blinden und sehbehinderten Mitgliedern im Verein aktiv. "Auf der Landesmeisterschaft und der Deutschen Meisterschaft habe ich in den letzten Jahren mehrfach Bronze und Silber gewonnen", freut sich Anne Wingender. "Und auch mein Mann hat ein paar Mal Bronze geholt."

Nun stand das jährliche Schießen um die Königsehre auf dem Programm der Sportschützen. Dabei veranstaltete die Abteilung der blinden und sehbehinderten Schützen ihr eigenes Königschießen, bei dem sechs der aktuell zehn Schützen der Abteilung gegeneinander antraten. Die Skatt-Anlage, eine elektronische Einrichtung, bei der ohne Munition geschossen wird, und die normalerweise vor allem von der Schützenjugend verwendet wird, wurde so umfunktioniert, dass sie das Blindschießen möglich macht: Auf ein handelsübliches Luftgewehr wird ein Zielfernrohr mit einer integrierten Fotozelle montiert. Dieses System ist mit einem Kopfhörer verbunden, über den der Schütze einen anhaltenden Piepton hören kann. Dieser wird durch das Licht erzeugt, das durch das Zielfernrohr einfällt und in der Fotozelle eine elektrische Spannung erzeugt.

"Ihr Gehör ist beeindruckend. Ich habe selbst versucht, mit diesem System zu schießen, komme damit aber überhaupt nicht zurecht", erzählt Christine Holschbach, erste Schießmeisterin des Vereins. Das Königsschießen der Sehbehinderten konnte in diesem Jahr Peter Eschbach für sich entscheiden. Der 40-jährige erblindete vor 16 Jahren als Folge einer Multiplen Sklerose. Die Krönung der Majestäten wird am Samstag, 6. Juni, in der Aula der Kreisberufsschule stattfinden.

Aber jetzt freut sich das Ehepaar Wingender gemeinsam mit den anderen Schützen erst einmal auf den nächsten Höhepunkt in diesem Jahr: die Landesmeisterschaft in Dortmund. Dahin reisen die Siegburger Servatius-Schützen am Samstag, 9. Mai.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort