Kommentar Chance nicht genutzt

Ein Beschuldigter hat das Recht, in einem Strafverfahren zu schweigen. Es gilt das Aussageverweigerungsrecht. Niemand muss sich durch seine Aussage selbst belasten.

Auch im Prozess um den tödlichen Unfall auf der B 56 hat der Beschuldigte sich nicht geäußert. Selbst beim entscheidenden Punkt, ob vielleicht ein anderer als Täter infrage kommt, zog es der Angeklagte vor, nichts zu sagen. Er hatte lediglich bei seiner polizeilichen Vernehmung erklärt, das Fahrzeug einem Bekannten überlassen zu haben.

Wenn es diesen "ominösen Dritten" - wie ihn der Richter bezeichnete - gäbe, hätte man erwartet, dass der Angeklagte alles daran setzt, durch Nennung des Namens seine eigene Unschuld zu beweisen. So hat man eher das Gefühl, der Angeklagte habe sich verzockt, weil er scheinbar auf den Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" setzte.

Doch der beschreibt eine Entscheidungsregel, keine Beweisregel, stellte die Staatsanwältin klar. Dieser Grundsatz besagt nicht, wann der Richter Zweifel haben muss, sondern nur, wie der Richter zu entscheiden hat, wenn er Zweifel hat.

Es gilt also die, wie Juristen es nennen, freie Beweiswürdigung, nach der auch für den Angeklagten ungünstige Schlussfolgerungen gezogen werden dürfen. Den Vorwurf einer einseitigen oder nicht ausreichenden Beweisaufnahme kann man dem Gericht sicher nicht machen. Und nach Bewertung aller Beweise bestand für das Gericht auch kein Zweifel mehr an der Täterschaft. Wenn der Angeklagte wirklich unschuldig ist, hat er es durch sein eigenes Verhalten verpasst, das mit Fakten zu belegen.

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