Kritik am neuen Fördersystem Beiträge für behinderte Kinder gestrichen

SANKT AUGUSTIN · Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat bisher die Elternbeiträge für behinderte Kinder in integrativen Kindertagesstätten übernommen. Ab dem neuen Kindergartenjahr 2014/2015, das im August beginnt, ist das nicht mehr der Fall. Die Gelder sind gestrichen. Betroffen davon sind in Sankt Augustin gut 30 Kinder.

Gar nicht so gut findet das die Sankt Augustiner Stadtverwaltung, die ein Protestschreiben an die Landesregierung senden will. "Das passt nicht, gerade mit Blick auf unseren Aktionsplan Inklusion, an dem wir derzeit arbeiten", sagte Eva Stocksiefen, Sprecherin der Stadt.

Die Stadt würde die Beiträge ja übernehmen, darf das aber nicht, weil es sich dabei um sogenannte freiwillige Leistungen handelt. Weil die hoch verschuldete Stadt sich aber im Haushaltssicherungskonzept befindet, werden ihr von der Kommunalaufsicht zusätzliche freiwillige Leistungen nicht genehmigt. "Wir haben das alles durchgeprüft, aber es geht leider nicht", so Stocksiefen. In dem Schreiben an die Landesregierung will die Stadt nun fordern, dass es den Kommunen ermöglicht wird, die Beiträge doch zu übernehmen.

Dass sich der LVR aus der Übernahme dieser Beiträge verabschiedet, stößt auch bei der CDU-Fraktion auf Kritik. "Der LVR hat in seinem Leitbild verankert, dass er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Bereichen einsetzt. Diesem Engagement widerspricht der LVR durch sein Handeln eindeutig", sagte CDU-Fraktionschef Georg Schell. Das sei eine klare Maßnahme gegen die Integration behinderter Kinder. "Man kann nur hoffen, dass der LVR seine Entscheidung entweder zurücknimmt oder andere Wege zur Kompensation für die betroffenen Eltern findet", so Schell weiter.

Das allerdings steht nicht zu erwarten. Erhoben werden die Beiträge von den Kommunen, die nun als der Buhmann dastehen. "Dann müssen alle Eltern, soweit es ihr Einkommen zulässt, einen Beitrag für die Betreuung ihres Kindes leisten", sagte Till Döring, Sprecher beim LVR. Der LVR verfolge das Ziel, dass künftig jedes Kind jede Kita besuchen könne, unabhängig davon, ob es mit einer Behinderung lebe oder ohne.

Aus diesem Grund hat der LVR mit der "Kindpauschale" ein neues Fördersystem eingeführt. "Kitaplätze für Kinder mit Behinderung werden pro Jahr mit 5000 Euro pro Kind gefördert", erläuterte Döring. Bisher seien das 2800 Euro gewesen. "Die Elternbeiträge werden umgewidmet und fließen in die Kindpauschale ein." Der LVR vertrete die Auffassung, dass eine Übernahme von Elternbeiträgen nicht zu mehr Teilhabe führe. "Eltern sollten nicht besser gestellt werden, weil ihr Kind eine Behinderung hat, sondern es sollten gute Bildungs- und Teilhabechancen für ihr Kind in der Kita geschaffen werden", so Döring.

Was die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung allerdings ärgert, ist der Umstand, dass die "Kindpauschale" zweckgebunden ist und nicht für die Übernahme der Beiträge verwendet werden darf. "Man kann damit zusätzliche Fachkräftestunden bezahlen, Erzieher fortbilden und barrierefreie Umbauten finanzieren", sagte Stocksiefen. Dafür müsse man dann entsprechende Nachweise erbringen. "Aber für die Beiträge können wir das Geld nicht einsetzen."

Döring wies darauf hin, dass sich die Höhe der Beiträge am Einkommen der Eltern orientiert. "Eine Benachteiligung von finanziell schwachen Eltern ist ausgeschlossen. Besonders einkommensschwache Eltern müssen die Elternbeiträge gar nicht entrichten."

Betroffen von der neuen Regelung sind im Zuständigkeitsbereich des LVR Rheinland knapp 6500 Kinder. "Eltern von Kindern mit Behinderung wünschen sich zunehmend eine Betreuung ihres Kindes in der Einrichtung ihrer Wahl und benötigen keine Anreize mehr, um sich für die Form der Betreuung zu entscheiden", so Döring.

Zudem werde der pädagogische Standard durch die Kindpauschale erheblich verbessert. "Sie ermöglicht fünf Kindern mit Behinderung die Finanzierung einer zusätzlichen halben Fachkraftstelle", meint Döring.

Nach der Einführung der Pauschale soll die Umsetzung des neuen Fördersystems mit den freien Trägern zusammen regelmäßig geprüft werden, ebenso die Frage, ob die Kindpauschale in ihrer Ausgestaltung angemessen ist und der Höhe nach weiter zu gewähren ist.

Die Beitragstabelle für die Kitabetreuung ist auf der Homepage der Stadt Sankt Augustin unter www.sankt-augustin.de, Stichworte Rathaus, Veröffentlichungen, Satzungen zu finden.

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