Siegburger Literaturwochen August Zirner einmal anders

SIEGBURG · Schauspieler August Zirner überzeugte am Freitagabend in Siegburg in anderer Rolle, nämlich als Querflötenspieler. Gemeinsam mit dem "Spardosen-Terzett" präsentiere er die Jazz-Geschichte.

 Ungewohntes Bild: Schauspieler August Zirner an der Querflöte (l.), rechts Mickey Neher.

Ungewohntes Bild: Schauspieler August Zirner an der Querflöte (l.), rechts Mickey Neher.

Foto: Paul Kieras

Viele Besucher erlebten den renommierten Theater- und Filmschauspieler August Zirner am Freitagabend im Stadtmuseum in einer Rolle, die sie noch nicht kannten. Nämlich als einen virtuosen Querflötenspieler, der vom Essener Ensemble "Spardosen-Terzett" begleitet wurde.

"Diagnose: Jazz" lautet sein musikalisch-literarisches Bühnenprogramm im Rahmen der Siegburger Literaturwochen, das Geschichten aus den Leben von Thelonious Monk, Charles Mingus und Rahsaan Roland Kirk erzählt. Die drei Jazzlegenden waren nach Meinung Zirners "radikale Individualisten, Sprachsuchende, die Schwierigkeiten mit verbaler Kommunikation hatten".

Er selbst habe die "Nähe zur Sprache und die Sehnsucht nach Musik", erklärte der 1956 in den USA als Sohn österreichischer Emigranten geborene Künstler das gemeinsame Projekt mit den drei Musikern Rainer Lipski (Piano), Kai Struwe (Kontrabass) und Mickey Neher (Schlagzeug).

Die wahren und fiktiven, komischen und tragischen Geschichten gewährten auch einen Einblick in die soziale Wirklichkeit der 1950er Jahre, vor allem in Bezug auf Gewalt und Rassismus. Zirner schilderte beispielsweise, weshalb Duke Ellington dem farbigen Jazz-Kontrabassisten Charles Mingus kündigte oder Polizisten die Finger des Afroamerikaners Monk auf das Übelste mit Knüppeln traktierten. Und die Legende, dass am Tag von Mingus Tod, der mit 56 Jahren in Mexiko starb, 56 Wale an der Küste strandeten.

Die Erzählungen umrahmte Zirner mit Kompositionen der drei Protagonisten, die den Abend über im Fokus standen. Er dachte aber auch laut über die Frage nach, was Jazz eigentlich sei und gab zu, es selbst nicht genau zu wissen. Schmunzelnd präsentierte er unter anderem eine Definition des deutschen Komponisten und Dirigenten Wilhelm Furtwängler, der gesagt hatte: "Jazz ist die treulose Geliebte, die bemalte Dirne, sie schenkt nicht Ruhe, lässt die Seele freudlos."

Diese Ansicht teilten die Zuhörer ganz und gar nicht, sondern schnippten leise im Takt mit den Fingern oder wippten rhythmisch auf ihren Stühlen. Mit viel Spielfreude präsentierte das Quartett Klassiker wie "Serenade to a Cuckoo" (Kirk), "Epistrophy" (Monk) und "Goodbye Pork Pie Hat" (Mingus). Sobald Zirner wieder mit sparsam eingesetzter Gestik, Mimik und brillanter Vortragstechnik gefühlvoll rezitierte, wurde es mucksmäuschenstill Im Forum.

Von dem Mix aus Text und Ton waren auch Ursula und Thomas Armster aus Hennef angetan. Besonders von Zirners "wunderbarer Art vorzutragen", bei der er eindrucksvoll bewiesen habe, was für ein hervorragender Schauspieler er ist.

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