Father Michael Okoh in Siegburg Angst vor Krieg, Terror und bitterer Armut

SIEGBURG · Noch bis zum 15. September verbringt der nigerianische Priester Father Michael Okoh seinen Urlaub, wie im Vorjahr auch, in Kaldauen. Während dieser Zeit ist er auch vertretungsweise seelsorgerisch in der Servatius-Gemeinde tätig.

 Setzt sich für mehr Gerechtigkeit in seinem Heimatland Nigeria ein: Father Michael Okoh.

Setzt sich für mehr Gerechtigkeit in seinem Heimatland Nigeria ein: Father Michael Okoh.

Foto: Paul Kieras

Die Wochen seines Aufenthaltes nutzt der in Bonn promovierte Theologe und Leiter eines Jungengymnasiums mit 1100 Schülern in Nigeria auch, um im Rahmen der aktuellen Diskussion über die Gründe steigender Flüchtlingszahlen auf die Probleme seines Heimatlandes aufmerksam zu machen. In Nigeria selbst sei dies öffentlich kaum möglich.

Er will zum Nachdenken darüber anregen, durch welche Maßnahmen die wahren Völkerwanderungen innerhalb Nigerias und in das Ausland gestoppt werden können. Tausende seiner Landsleute sind aus Angst vor Krieg, Terror und bitterer Armut auf der Flucht. Der 50-Jährige will die deutsche Bevölkerung dafür sensibilisieren, die Lage der Menschen Nigerias zu verstehen und appelliert an sie, politisch aktiv zu werden.

Bekannt seien in Deutschland vor allem die Gräueltaten der Terrororganisation "Boko Haram" im Nordosten Nigerias, durch die insgesamt 1,5 Millionen Menschen heimatlos geworden sind und nach Kamerun, in den Tschad, Niger und eben nach Europa fliehen, so der Geistliche. Der Terror sei aber nicht das einzige Problem in seiner Heimat. Nach Okohs Ansicht können die katastrophalen Verhältnisse in Nigeria nur dauerhaft und mit Zukunftsperspektive gelöst werden, wenn die Entscheidungen der Kolonialmächte von 1904 wieder rückgängig gemacht würden. Damals zogen Großbritannien, Frankreich und die USA zur vereinfachten Verwaltung willkürlich Grenzen, ungeachtet der Stammes- und Volkszugehörigkeiten sowie der religiösen Überzeugungen der Menschen. Die Folge war, dass heute in Nigeria 180 Millionen Menschen in einem Staat leben, der so groß ist wie Großbritannien, Frankreich, Spanien und Portugal zusammen.

"Die Menschen sind aber völlig unterschiedlich", erklärt Okoh. Die Vielzahl an Sprachen, Kulturen und Religionen macht es seiner Meinung nach schwer, "alles zusammenzuhalten". Er plädiert für eine Dreiteilung des riesigen Landes in selbstständige Regionen, damit auch die hohe Arbeitslosigkeit bekämpft werden könne. Denn zurzeit lebe das ganze Land fast ausschließlich von den reichen Erdölvorkommen im Süden, der Rest Nigerias profitiere aber kaum davon. Darüber hinaus werde dort nichts investiert, um neben dem Öl alternative Wirtschaftszweige aufzubauen. Zudem herrsche Korruption, die Macht konzentriere sich auf eine politische Elite, die Geld aus Nigeria auf private Konten im Ausland verbringe. "Nur ein Mann, der Präsident, kontrolliert das ganze Land", so der Geistliche.

Voneinander unabhängige Regionen seien deshalb die einzige Lösung. Vor allem aber deshalb, weil die islamische Bevölkerung im Nordosten nie ein Staatsoberhaupt oder eine Regierung aus dem christlichen Süden wählen würde und umgekehrt, kein Stamm eine Führungsriege aus einem anderen.

Eine Alternative zur Dreiteilung sieht der streitbare Priester aus dem Süden Nigerias in einer Aufteilung des Landes in sechs Regionen. In denen könnte die jeweilige Bevölkerung "eine Art Ministerpräsidenten wie in den deutschen Bundesländern wählen", diese dann einen Staatspräsidenten. "Das wäre Demokratie im besten Sinne", sagt Okoh, der aber selbst nicht so richtig daran glauben mag, dass er das erleben wird. Die Hoffnung gibt er aber nicht auf:"Ich bete zu Gott."

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