GA-Serie "Eine Stunde mit" Waschen, schneiden, scheren

SANKT AUGUSTIN · In der GA-Serie "Eine Stunde mit" steht dieses Mal die Hundefriseurin Anja Scholz im Mittelpunkt.

Ein Fellbüschel nach dem anderen fällt auf den Boden des Hundesalons. Pudeldame Lilly lässt sich ihr dichtes Fell ohne Protest mit der Schermaschine kürzen. Schließlich ist sie als langjährige Kundin im Hundesalon die Prozedur schon gewohnt. Seit der Eröffnung von "Anja's Hundesalon" im April 2009 geht Frauchen Annelie Holdack alle sechs Wochen mit ihrem Kleinpudel in Apricot zu Hundefriseurin Anja Scholz. Dort bekommt Lilly das ganze Paket: Zunächst wird sie vorgeschoren, dann gebadet, geföhnt und schließlich nachgeschoren und -geschnitten.

Aber an das Bearbeiten ihrer Pfoten, auch "Stiefelchen rasieren" genannt, kann sich die zehnjährige Lilly bis heute nicht gewöhnen und versucht, der Hundefriseurin auszuweichen, indem sie ihre Pfoten wegzieht. "An den Pfoten sind Hunde besonders empfindlich und mitunter auch kitzelig", erklärt Scholz. Auch das Fell zwischen den Zehen wird rasiert. Dort setze sich gerade im Winter Streusalz ab, was zu unangenehmen Entzündungen führen könne. Behutsam, aber bestimmt hält sie Lilly fest und schneidet ihre Krallen.

"Ich hatte keine Freude mehr an meinem Beruf, daher kam mir die Idee, etwas auf selbstständiger Basis zu machen", erzählt die gelernte Friseurin. Über eine Bekannte und monatelange Weiterbildungen, hat sie schließlich das Handwerk der Hundefriseurin erlernt und auf ihrem Grundstück einen Hundesalon eingerichtet. "Die Basis für die Arbeit ist eine gesunde Einstellung zum Hund", sagt die 46-Jährige, die auch im Tierschutz aktiv ist. Sie selbst hat drei Hunde, davon zwei Straßenhunde aus dem Tierschutz und einen Zwergpudel, den seine ehemaligen Besitzer nicht mehr haben wollten. "Meine Hunde sind wie meine Kinder", sagt Scholz. Sie kümmert sich nicht nur um das Fell, sondern legt auch großen Wert auf das Futter.

Neben ihrer Tätigkeit als Hundefriseurin verkauft sie biologisches, artgerechtes Futter, das aus frischen, kontrollierten Zutaten besteht und roh verfüttert wird. "Dabei orientiert man sich an der Ernährung eines wild lebenden Caniden, wie zum Beispiel des Wolfes", so Scholz.

Zurück im Salon: "Wau, wau, wau", tönt plötzlich eine krächzende Stimme von oben. Amazonenpapagei Coco scheint genau zu wissen, um wen es hier geht. Der 50-jährige Vogel hat seinen Gnadenbrotplatz bei Anja Scholz gefunden und sich im Laufe der Jahre einige Sätze und Wörter aus seiner Umgebung antrainiert. Lilly wird inzwischen gebadet. "Ich verwende ein geruchsfreies Shampoo. Denn im Gegensatz zu Menschen wollen Hunde keinen fremden Duft annehmen", erklärt die Hundefriseurin, die auch Zähne und Ohren der Pudeldame kontrolliert. Der Kleinpudel lässt das Bad ohne Widerwillen über sich ergehen. "Lilly gehört eindeutig zu den lieben Hunden, mit denen man gut arbeiten kann", sagt Scholz. Aber das ist nicht immer so. "Ganz selten kommt es vor, dass Hunde einen Maulkorb tragen müssen. Meistens sind sie vorbelastet und haben schlechte Erfahrungen gemacht", sagt die Hundefriseurin. Frauchen Annelie Holdack darf während des Friseurbesuchs bei ihrem Liebling bleiben. "Viele Hunde sind dadurch entspannter, und auch die Besitzer haben ein besseres Gefühl", sagt Scholz. Nur gelegentlich muss sie einen Besitzer rausschicken, wenn der Hund zu sehr auf ihn fixiert ist und die Arbeit dadurch erschwert wird.

Eineinhalb bis zwei Stunden dauert ein Friseurbesuch. "Für jeden Hund ist das hier Stress", sagt Scholz. Dazu tragen neben dem langem Stillsitzen auch die lauten Geräusche der Schermaschine und des Föhns bei. Jedoch sei es notwendig, das Fell von Langhaarhunden regelmäßig zu pflegen und zu kürzen. "Ein Hund mit langem Fell ist unglücklich", erklärt die Friseurin. Wenn Herrchen oder Frauchen sich nicht kümmert, verfilze das Fell. Daher sollte ein Hund mit langem Fell einmal am Tag gekämmt werden. Gerade ältere Hunde würden im Sommer oft unter der Hitze leiden. Manche Hunde hätten zudem Probleme, ihre Unterwolle abzuwerfen. Im Normalfall reiche es, dem Hundesalon alle drei Monate einen Besuch abzustatten. "Hunde, die wie Lilly ein äußerst gepflegtes Erscheinungsbild bekommen, sollten alle sechs bis acht Wochen kommen", sagt Scholz.

Denn Lilly trägt am Ende ihres Besuchs bei Anja Scholz die Frisur, die sich Frauchen wünscht. Der Kleinpudel hat Fellpartien, die länger belassen werden sollen: Die Hundedame trägt längeres Fell an den Beinen und eine Pudelkrone. Lilly schüttelt ihr nasses Hundefell. Jetzt wird geföhnt und nachgeschnitten. Dann ist sie erlöst - für die nächsten sechs Wochen.

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