Christbäume im Rhein-Sieg-Kreis Vom Wohnzimmer auf den Kompost

SANKT AUGUSTIN · In einer großen Halle im Niederpleiser Kompostierwerk der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) türmen sich Weihnachtsbäume fast bis an die Decke. An verschiedenen Stellen tritt Dampf aus und kräuselt sich himmelwärts.

 Schluss mit "O Tannenbaum": Nun kommt es auf die Verrottung der Nadelbäume an.

Schluss mit "O Tannenbaum": Nun kommt es auf die Verrottung der Nadelbäume an.

Foto: Ingo Eisner

"Das ist ein Zeichen, dass dort schon etwas gärt und Wärme entsteht", erklärt Conrad Sandkuhl. Er ist Diplom-Ingenieur für Umwelttechnik und Betriebsleiter der KRS - der Kompostierwerke Rhein-Sieg. Rund 160.000 Christbäume werden jährlich im Kreis der Weiterverwertung zugeführt.

Was ihn jedoch riesig stört, ist augenfällig: Jede Menge Plastikmüll ist problemlos in dem Haufen ausgedienter Weihnachtsbäume zu sehen. Sogar Staubsaugerteile liegen noch in einer Ecke. Auch die haben die KRS-Mitarbeiter aus dem Grünzeug herausgefischt.

Weihnachtsbäume sind ausgesprochen wertvoll für die Kompostierung, erklärt Sandkuhl. Denn die Nadeln verrotten ein wenig langsamer als andere Pflanzenteile und geben dem Kompost Struktur. Will heißen, der sonstige Klumpatsch, der sich so in Biotonnen findet, wie Blätter oder Speiseabfälle "patscht zusammen" und führt zu unerwünschten Gärungen und Fäulnisprozessen. Die Nadeln schaffen Abstand, und so können Sauerstoff und Wasser in das Material eindringen.

Ein Mitarbeiter bedient einen riesigen Frontlader, füllt dessen Schaufel mit Weihnachtsbäumen und kippt die dann in einen Behälter, aus dem die Teile auf ein Transportband fallen und zur Weiterverarbeitung abfahren. Bevor die Pflanzenteile zerkleinert werden, greifen vier Mitarbeiter an einem speziellen Arbeitsplatz an Plastikmüll heraus, was sie packen können. Und dennoch bleiben Teile darin, was sogar später noch zu Problemen führen kann. Nach dem Sortieren und Zerkleinern werden die Schredderteile abgesiebt und einer 32 Tage währenden "Intensivrotte" zugeführt.

In 100 Tonnen Material fassenden Boxen - davon gibt es 24 - wird durch Sauerstoff, Wasser und Kleinorganismen sowie entstehender Prozesswärme aus den Weihnachtsbäumen und anderem Grünzeug allmählich der gewünschte Kompost. Es riecht schon etwas streng in der Boxenhalle, zum Boxenstopp mag sich dort eher niemand gerne länger aufhalten. Zweimal während der Verrottungszeit wird das Material umgesetzt. Das heißt so viel wie umgeschichtet, damit auch das Material aus den Randbereichen mal in die Mitte kommt. Damit der Verrottungsprozess wie gewünscht abläuft, wird von außen über dicke Rohre Luft in das Material eingeblasen und beim Boxenwechsel kommt wieder etwas Wasser hinzu.

Die Luft in der Halle riecht also nach Verrottung und wird darum abgesaugt, aber nicht einfach in die Umwelt geblasen. Von wegen. Schon um die Nachbarn je nach Wetterlage nicht mit den Gerüchen zu belästigen, wird die Luft gereinigt. Auch wieder biologisch, erklärt Sandkuhl. Die Luft wird in zwei große Becken geleitet, die randvoll mit Holzschnitzeln sind. Die werden immer wieder befeuchtet und wirken wie ein großer Filter. Nach zwei Jahren muss das Zeug gewechselt werden, und wenn man es absiebt, hat man unter dem Sieb schon so etwas wie Erde, sagt Sandkuhl weiter.

Doch zurück zu den Weihnachtsbäumen: Wenn ihre verrotteten Überreste die Boxenhalle verlassen, wird der wertvolle Kompost im Freien, aber unter Dach gelagert. Auch dabei entsteht immer noch Wärme. Und weil der KRS-Kompost Güte gesichert ist, darf er nur wenige andere Reste wie Plastikmüll enthalten. Der ist aber insgesamt nicht völlig herauszuhalten: Sandkuhl greift ein Kügelchen, knibbelt ein bisschen daran herum und entrollt ein Stück Plastiktüte. So etwa zwei mal fünf Zentimeter misst es jetzt - und hat eigentlich darin gar nichts zu suchen.

Abholung der Bäume

Weihnachtsbäume werden im Januar und im Februar parallel zur Biotonnen-Leerung mitgenommen. Eine telefonische Vereinbarung bei der Rhein-Sieg-Abfallgesellschaft (RSAG) ist dafür nicht nötig.

Wichtig ist allerdings, dass die Bäume nicht mehr geschmückt sind und auf etwa einen Meter gekürzt werden. Große und ungekürzte Bäume können an den Müllfahrzeugen möglicherweise die Schüttung blockieren. Bürger, die nicht bis zur nächsten Leerung warten wollen, können ihren Baum auch auf den RSAG-Entsorgungsanlagen in Sankt Augustin, Eitorf und Miel kostenlos abgeben.

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