Tödlicher Unfall in Sankt Augustin Tatverdächtiger leugnet, gefahren zu sein

SANKT AUGUSTIN · Der Fall, der so viele Menschen fassungslos macht, lag beim Landgericht Bonn, das, anders als zuvor das Siegburger Amtsgericht entschied, dass ein Verfahren eröffnet werden soll. Der Angeklagte leugnet weiterhin, der Todesfahrer gewesen zu sein, und die Siegburger Richter stellten eine zu dünne Beweislage fest.

Vor genau einem Jahr hat sich der tödliche Unfall, um den es geht, auf der Bonner Straße in Sankt Augustin ereignet. Ein 74 Jahre alter Mann wurde am 18. Dezember 2013 um 17.37 Uhr Opfer eines rücksichtslosen Autofahrers, der bei Rot überholte und den Senior, der bei Grün über die Straße ging, erfasste. Der Mann wurde so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle starb, während der Fahrer das Weite suchte. Der Fahrer? Unbekannt. Der Halter? Ein Mitglied einer Großfamilie in Sankt Augustin, das nicht gefahren sein will. Der vermeintliche Fahrer? Bestreitet, gefahren zu sein.

Das Landgericht hat sich indes der Auffassung der Staatsanwaltschaft angeschlossen und entgegen der Meinung des Siegburger Amtsgerichts entschieden, dass das Verfahren eröffnet werden muss. Die Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht in Siegburg ist für den März 2015 terminert. Das teilte die Staatsanwaltschaft Bonn auf Anfrage mit.

Was war bei dem Unfall passiert? Nach ersten Ermittlungen der Polizei war der rücksichtslose Autofahrer mit hohem Tempo an zwei vor der roten Ampel auf Höhe der Einmündung Sandstraße stehenden Autos vorbeigerast. Beim Einfädeln erfasste das Fahrzeug den Rentner, der von dem Auto noch 50 Meter mitgeschleift wurde. Bei der Schwere der Verletzungen konnte der Notarzt nicht mehr helfen.

Zeugen merkten sich das Kennzeichen. Der Halter war schnell ermittelt und wurde zunächst verdächtigt. Der heute 32-Jährige gab allerdings an, dass es mehrere Schlüssel für das Auto gebe. Er sei nicht gefahren. Alle Familienmitglieder könnten das Auto nutzen. Er konnte oder wollte offensichtlich auch nicht sagen, wer den blauen Polo gefahren hat.

Die Beamten stießen bei der Familie auf eine Mauer des Schweigens. Doch der Fall ließ den Kommissaren keine Ruhe. Akribisch suchten sie nach Ansatzpunkten, sammelten Spuren, Zeugenaussagen und werteten sie aus - mit Erfolg. Im März präsentierten die Ermittler der Staatsanwaltschaft einen Verdächtigen, einen damals 40 Jahre alten Verwandten des Fahrzeughalters und jetzigen Angeklagten. Spuren auf der Oberbekleidung des Mannes, die die Polizei zuvor sichergestellt hatte, brachte die Polizisten auf die Spur des Tatverdächtigen.

Ein Labor konnte darin gefundene Glassplitter eindeutig den Scheiben des Unfallwagens, eines blauen Polos, zuordnen. Sie bestätigten den Verdacht, dass die Jacke während der Fahrt getragen wurde. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen stellten die Beamten unter anderem mehrere Mobiltelefone sicher. Für die Staatsanwaltschaft Bonn reichten die Verdachtsmomente aus. Sie erhob Anklage wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, Unfallflucht und Gefährdung des Straßenverkehrs. Laut Staatsanwaltschaft bestreitet der arbeitslose Angeklagte, der nach eigenen Angaben ab und zu als Automechaniker arbeitet, der gesuchte Fahrer zu sein. Der Mann ist für die Polizei allerdings kein unbeschriebenes Blatt. Er musste sich bereits mehrfach vor Gericht wegen verschiedener Verkehrsdelikte verantworten. Er wurde sogar schon einmal verurteilt, weil er einen Menschen umgefahren hat.

Trotz der Indizien und Hinweise entschied das zuständige Amtsgericht Siegburg im September, kein Hauptverfahren gegen den Angeklagten zu eröffnen. Dem Gericht war die Beweislage zu dünn. Das Amtsgericht hält einen Freispruch für wahrscheinlicher als eine Verurteilung.

Die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger blieben indes bei ihrer Auffassung und legten Beschwerde beim Bonner Landgericht ein. Der Beschwerde ist stattgegeben worden, weil auch das Landgericht den Tatverdacht als hinreichend ansieht. Im März kommenden Jahres wird der Verdächtige nun auf der Anklagebank in Siegburg sitzen.

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