Sankt Augustiner umsegelt die Weltmeere Seit vier Jahren über die Ozeane

RHEIN-SIEG-KREIS · Benjamin Schaschek und sein Freund Hannes Koch besegeln die Weltmeere - und machen dabei Musik. Woraus dann so eingängige Weltmusik entsteht, dass die ARD für den Sender "EinsPlus" daraus im Herbst 2014 eine Serie drehte.

 Seebären mit Bärten: Mit ihrer "Marianne" sind Benjamin Schaschek (links) und Hannes Koch auf den Weltmeeren unterwegs.

Seebären mit Bärten: Mit ihrer "Marianne" sind Benjamin Schaschek (links) und Hannes Koch auf den Weltmeeren unterwegs.

Foto: Sailing Conductors

Kürzlich lautete die Position der "Marianne": 50.3750° N, 5.6870° W. Das heißt, Benjamin Schaschek und sein Freund Hannes Koch segelten von Irland zur Südküste Englands. Ihr Segler, auf dessen Rumpf die rothaarige Schönheit "Marianne" weit sichtbar prangt, schaukelte nicht allzu heftig.

Die beiden konnten es ruhig angehen lassen: Der Feuertrip über den eiskalten windigen Atlantik lag hinter Kapitän Ben, dem 28-Jährigen aus Sankt Augustin, der am Bonner Helmholtz-Gymnasium die Schulbank drückte, und seinem ein Jahr jüngeren "Smutje" Hannes aus Rostock.

Wie berichtet, sind die beiden "Sailing Conductors" seit 2011 unter ihrer selbst gebastelten Piratenflagge nicht nur als Weltumsegler, sondern auch musikalisch unterwegs. Und zwar so, dass auf ihren Reisen jeweils ein Musiker mit einer Melodie, einer Akkordfolge, einem Rhythmus beginnt und die nächsten an anderen Orten diese Einspielung zum Song entwickeln. Toningenieur Schaschek schneidet die Songs dann mit und filmt die Aufnahmen. Woraus dann so eingängige Weltmusik entsteht, dass die ARD für den Sender "EinsPlus" daraus im Herbst 2014 eine Serie drehte.

Die Sturmzeit war den beiden Ende letzten Jahres dazwischengekommen, so dass sie ihre Weltumseglung von Australien aus nicht nach Amerika fortsetzen konnten (der GA berichtete). So erzählten die beiden eben bei Veranstaltungen auch im Bonner Pantheon von ihren Abenteuern.

Im Frühjahr ging es dann endlich in die "Neue Welt", aus der Kapitän Ben und sein Smutje aktuell nach fünfwöchiger Atlantiktour gerade wieder in europäische Gewässer zurückkehren: erneut mit jeder Menge Film- und Musikmaterial an Bord, um damit auf Veranstaltungen von ihrem neusten Powertrip Seegarn zu spinnen. Wie ihr Fieberglas-Segler der Marke Rawson 30 zeigen sich die beiden auf ihrer Homepage stark geschunden vom harschen Wellengang, aber wie immer guten Mutes und voller Humor. "Wir haben uns jetzt schon wunderbar an das irische Bier gewöhnt, das muss uns nun noch mit dem irischen Wetter gelingen", schreiben sie und präsentieren sich bibbernd, aber mit Bierflaschen bewaffnet, wie sie mit ihren neuen Seebär-Bärten irischen Boden betreten.

In Nordamerika hatten sie sich von Florida über Toronto nach New York und zurück mit einem bunt bemalten Tourbus von einem Aufnahmetermin zum nächsten bewegt. Über die sozialen Medien waren immer neue Jung-Musiker bereit, am Projekt teilzunehmen. Sie seien vor lauter großartigen Musikern und Momenten gar nicht mehr hinterhergekommen, das Beweismaterial online zu stellen, vermerkt der Captain.

"Wir verstehen uns als Enkel der Konzeptkunst der späten 60er Jahre. Wie bei der Objektkunst von Marcel Duchamp steht nicht das Werk im Vordergrund, sondern der Gedanke um dessen Bedeutung", erklärt er. Über die Bedeutung der bitterkalten Atlantiküberquerung diskutiert er mit seinem Smutje wohl noch weiter auf der "Marianne", während es über Frankreich, Belgien, Holland Ende Oktober dann endlich ins ersehnte Deutschland geht.

Die raue Tour über den großen Teich sei der schlimmste Trip ihrer bisherigen Segelkarriere gewesen, schreiben die "gestandenen Badehosensegler" auf ihrer Homepage selbstironisch. Zumal sie sich dieses Mal selbst Beine stellten. So hatte der Captain beim Spülen wohl noch einiges Waschmittel in den Wasserkanistern gelassen: "Ich fange an zu lachen, als ich es bemerke, damit ich nicht weinen muss", schrieb der Smutje mit Chemiegeschmack im Mund.

Dann war der nagelneue Kühlschrank wohl ein kompletter Fehlkauf. Laut Plan hatten sie auf der "Marianne" zum ersten Mal alle paar Tage eine deftige Mahlzeit mit Fleisch genießen wollen. Auf dem Atlantik tauten die Vorräte plötzlich alle gleichzeitig auf. "Die nächsten Tage begehen wir eine der sieben Todsünden: Völlerei, Buletten, Bolognese, Hähnchen auf die Hand. Doch so viel können wir gar nicht essen, so schnell ist das Fleisch schon verdorben und muss leider über Bord gehen", schrieben die beiden. Sie haben offensichtlich Spannendes zu erzählen, die beiden XXL-Segler mit der Weltmusik an Bord. "Wir halten uns wacker, getreu dem Song der Fantastischen Vier - es könnte alles noch beschissener sein, ist es aber nicht", verkünden sie angesichts diverser Tiefpunkte gerne. "Immer wenn wir angekommen sind, besinnen wir uns auf das Gute und erinnern uns an eine Überfahrt ohne lebensbedrohlichen Sturm, Tripper oder zerrissene Segel - ist doch eigentlich ganz gut gelaufen."

Kontakt und Informationen auf www.live.sailingconductors.com

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