20 Jahre Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Querdenker mit Herzblut

RHEIN-SIEG-KREIS · Bilder können bekanntlich mehr als 1000 Worte ausdrücken. So war es gestern auch bei der 20-Jahrfeier der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Da sahen im Audimax rund 300 geladene Gäste - Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft - einen Animationsfilm, der die Geschichte der Hochschule rückwärts erzählte.

 Innovation: Studierende zeigen bei der 20-Jahrfeier einen Roboter, der selbstständig Gegenstände greifen kann.

Innovation: Studierende zeigen bei der 20-Jahrfeier einen Roboter, der selbstständig Gegenstände greifen kann.

Foto: Nicolas Ottersbach

Und in einem kleinen "Making-of"-Beitrag sah man sie tanzen und singen - oder es zumindest versuchen: Mitarbeiter, Studenten, sogar Gründungskanzler Hans Stender. So drang in jeder Szene das Selbstverständnis der Hochschule durch: nicht staatstragend und elitär, sondern jung, inspiriert, quer denkend und doch hoch professionell.

Dass die Hochschule mit ihren rund 7500 Studenten in Sankt Augustin, Rheinbach und Hennef zugleich ein Meilenstein des Strukturwandels ist, darüber bestand beim Festakt Einigkeit. "Hier wird mit Engagement und Herzblut gearbeitet", sagte NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD), die auf die fruchtbare Verknüpfung zwischen Lehre, Forschung und Wirtschaft verwies. "Wir werden in NRW nicht billiger produzieren können als andere. Aber wir sind besser und innovativer." Zugleich würdigte Schulze die Internationalität der Hochschule, die sich auch in Partnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern manifestiert.

Rupert Gerzer, Vorsitzender des Hochschulrates, nannte die "globale Handlungsfähigkeit" als eine Herausforderung der Zukunft. Die Hochschule sei gut gerüstet, und auch unter diesem Gesichtspunkt sah er die Vernetzung mit der Wirtschaft als bedeutsam an: "Selbst kleinste Unternehmen müssen heute global agieren."

[kein Linktext vorhanden]Damit die Festgäste den Campus aus Perspektive eines Studenten wahrnehmen konnten, bekamen sie am Einlass einen Studentenausweis - und durften sich beim "20-Jahr-Menü" mit Tablett in der Mensa anstellen. Hochschulpräsident Hartmut Ihne gestaltete seine Ansprache im Stile einer Vorlesung.

Ein Thema: "Die Gunst des Steuerzahlers". "Wir vergessen manchmal gerne, woher unser Geld kommt", sagte Ihne. Da sei Demut angezeigt. Der Bund stellte ab 1995 für die Hochschul-Gründung 515 Millionen Mark (heute 263 Millionen Euro) zur Verfügung. Die anstehende Erweiterung in Sankt Augustin und Rheinbach kostet 36 Millionen Euro.

Daraus leite sich eine besondere Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler ab, so Ihne. "Die Wissenschaft muss Beiträge für ein besseres Leben leisten und seine biologischen, ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Grundlagen sichern helfen." Hier der digitale Wandel und die globale Dynamik, dort die Menschlichkeit und die Bewahrung eines lebenswerten Lebens - Ihne zufolge ist dieser Spagat eine der zentralen Herausforderungen.

Wie solch große Aufgaben in konkreten Projekten angegangen werden, davon konnten sich die Besucher in der Hochschule bei einer Forschungsschau überzeugen. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk gab es vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA): Vorstand Axel Barten überreichte den mit 100 000 Euro dotierten VDMA-Preis "Bestes Maschinenhaus" an den Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismus.

Schub für die Städte und die Region

Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und der Strukturwandel: Um dieses Thema drehte sich eine Talkrunde beim gestrigen Festakt, bei der Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, Landrat Sebastian Schuster sowie die Bürgermeister Stefan Raetz (Rheinbach) und Klaus Schumacher (Sankt Augustin) eine Bestandsaufnahme machten. Wo steht die Region 20 Jahre nach der Gründung der Hochschule, diesem wichtigen Projekt aus den Ausgleichsvereinbarungen? "Wir hatten 1991 134 000 Beschäftigte, heute sind es 163 000", sagte Nimptsch. "Es hat innovatives Wachstum stattgefunden."

Raetz zeigte auf, wie sich eben dieses in Rheinbach manifestiert hat - dank der Hochschule. "Wir sind nicht mehr die Schlafstadt von Bonn. Unsere Entwicklung wäre ohne Hochschule sicherlich anders verlaufen", sagte der Bürgermeister. Die Hochschule bildet mit dem Gründer- und Technologiezentrum und hochschulaffinen Firmen ein eigenes Viertel, das für Innovation steht. Ähnliche Effekte gab es in Sankt Augustin: "Die Hochschule hat unserer Stadt ein anderes Bewusstsein gegeben", sagte Schumacher.

Auch Landrat Schuster würdigte den erfolgreichen Strukturwandel der vergangenen Jahrzehnte. "Was wir gemeinsam umgesetzt haben, kann sich sehen lassen", sagte er mit Blick auf Bonn. Die Gemeinsamkeiten seien aber - trotz seines guten Verhältnisses zu Nimptsch - noch ausbaufähig. "Im Wortschatz der Bonner kommen 'Region ' und 'Kreis' nicht allzu oft vor. Daran muss noch gearbeitet werden", mahnte der Landrat.

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