Comedians in Sankt Augustin Pfoten hoch und Puppen drauf

SANKT AUGUSTIN · Sind Wiwaldi, Omi und Opi oder das alte Zirkuspferd Horst Pferdinand, der Doppelkopf-Professor, der aus zwei Puscheln mit je einem Auge besteht und die übrigen der 50 Puppen von Martin Reinl und Carsten Haffke nun niedlich, hässlich, putzig oder anders?

 Die Herren der Puppen: Martin Reinl (links) und Carsten Haffke begeistern mit ihrer Puppenschar das Publikum in der Aula des Sankt Augustiner Rhein-Sieg-Gymnasiums.

Die Herren der Puppen: Martin Reinl (links) und Carsten Haffke begeistern mit ihrer Puppenschar das Publikum in der Aula des Sankt Augustiner Rhein-Sieg-Gymnasiums.

Foto: Holger Arndt

Eines ist klar, sie haben Ecken und Kanten, sind total authentisch und schaffen es immer wieder, die Komik des Alltäglichen auf den Punkt zu bringen. Denn es ist ja nichts Spektakuläres, was in den kleinen Improvisationsstücken passiert. Es ist das Leben oder auch nicht, auf jeden Fall ist es Komik in ihrer schwierigsten Facette, und in der Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums mussten sich am Samstagabend viele den Bauch vor Lachen halten, angesichts dessen, was die beiden Puppenspieler mit ihren Puppen zum Liebhaben aus den wenigen Brocken, die sie spontan vom Publikum vorgegeben bekamen, machten.

"Hier ist mehr Kultur drin als in einem Joghurtbecher", kündigte Hund Wiwaldi, der mit "Zimmer frei" und der "Wiwaldi-Show" bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, die Samstagabend-Show in Sankt Augustin mit dem Stück "Pfoten hoch" an. Der Titel dürfte schon eine erste Erklärung für die Kunst des Puppenspiels liefern, denn die beiden Puppenspieler hatten die Pfoten permanent oben, zeigten ihre Arbeit vor dem Publikum und gleichzeitig das Resultat des Puppenspiels auf dem Bildschirm. An einer fast zahnlosen Puppe erklärte dann auch Wiwaldi, was eine Puppe ist. Sie brauche die Unterstützung des Puppenspielers und prompt kam die Anmerkung des Darstellungsobjektes "ich habe mich schon immer gewundert, was ich da untenrum habe". Wiwaldi versprach einen Abend voller Überraschungen.

Eingeleitet wurde der mit dem struppigen, grauen, alten Zirkuspferd Horst Pferdinand. Es ging direkt ins Herz, als Horst über sein Zauberkunststück aus besseren Zeiten brabbelte. Es hieß "die zersägte Jungfrau" und wurde nur einmal vorgeführt. Seitdem sei sie - die Jungfrau - wie ein Eventmovie auf RTL: mehrteilig. "Das war ein Scherz", lachte das alte Pferd, das so rührend daherkam. Betty LaMinga, die moderierte und sich mit dem Publikum unterhielt, erklärte, warum diese Improvisationsshow einmalig sei. "Weil jede Improshow einzigartig ist, denn das Spiel aus dem Stehgreif ist nicht wiederholbar."

Für die musikalischen Vorgaben bei Singstücken sorgte Bernd Budden am Piano, egal ob Reggae, Polka oder im Country-Stil. Mit Zottelfell, langer Nase, Glubschaugen oder schlechtem Gebiss: Die Puppen waren irgendwie alle liebenswert in ihrer Unvollkommenheit, und die beiden Puppenspieler machten aus ihnen schnörkellose Wesen, die eigentlich jeder gerne zum Freund hätte. Sie nahmen kein Blatt vor den Mund, sprachen noch ein bisschen mehr aus als manch einer dachte und waren dabei so komisch, dass man sich zwischen zwei Lachern die Hochachtung angesichts dieser Leistung auf der Bühne nicht verkneifen konnte. Denn was dort so leicht und munter daherkam, erforderte ein hohes Maß an Konzentration.

Immer wieder mussten sich die beiden grandiosen Puppenspieler nicht nur aufeinander, sondern auch auf die unverhofften Vorgaben aus dem Publikum einstellen, daraus Dialoge kreieren und diese ihren Puppen in den Mund legen, die sie mit Mimik und Gestik so pointiert zum Leben erweckten.

Das kann man nicht lernen, das kann man nicht üben und vor allem kann man sich nicht wirklich auf einen Abend dieser Art auf der Bühne vorbereiten. Wenn dann ein so herzerfrischendes heiteres Miteinander dabei herauskommt, dann müssen wohl Martin Reinl und Casten Haffke dahinter stecken.

Es war Puppenspiel in der Königsklasse der Stehgreif-Comedy, bei der selbst eine kleine Plauderei mit Wolfgang und Angelika aus Menden zu einem spontanen Song führte, den Wiwaldi mit Freunden anstimmte: "Es gibt einen Ort, da will ich immer hin, dieser Ort ist nicht Sankt Augustin. Einen anderen Ort, dahin möchte ich mich wenden - es ist Menden."

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